Wenn man ein großformatiges Foto machen will, auf dem das Wabenmuster von Bienenaugen zu sehen ist, kommt man mit dem Makromodus seines Universalzooms nicht weit. Hier müssen Makrospezialisten zum Einsatz kommen. Wir stellen Ihnen im Folgenden einige vor.
Bei Fotografen, die erstmals mit Spiegelreflex- oder Systemkameras in Berührung kommen, stehen Makroobjektive in punkto Erstausrüstung nicht besonders hoch im Kurs. Makro? Dafür braucht man doch kein spezielles Objektiv! Das konnte ich ja sogar schon an meiner Kompaktkamera einstellen! Tatsächlich hat solch eine Makrofunktion natürlich wenig mit echter Makrofotografie zu tun. Um zu verdeutlichen, was diese Spezialobjektive tatsächlich leisten können, lohnt sich zunächst ein Ausflug in die Theorie. Dass bei der Makrofotografie kleine Motive groß abgebildet werden, wird wohl jedem Fotointeressierten klar sein. Doch wo beginnt eigentlich die Makrofotografie und was ist eine Nahaufnahme? Hierzu gibt es eine klare Definition: Bei einem Abbildungsmaßstab (Verhältnis der Bildgröße des fotografierten Motivs zur abgebildeten Größe aus dem Sensor) von 1:10 bis oberhalb von 1:1 spricht man von einer Nahaufnahme, bei einem Maßstab von 1:1 bis 25:1 vom Makrobereich und bei noch stärkeren Vergrößerungen von Mikrofotos.
Was bedeutet „Makrofähige Objektive“?
Auch viele Zoomobjektive zieren sich mit der Aufschrift Makro, doch mit einem echten Makroobjektiv haben sie nur wenig gemein. Diese Objektive erzielen durch optische Tricks einen Abbildungsmaßstab von etwa 1:4, indem sie es möglich machen, dass man näher an das Motiv herangehen kann, als wenn der Makromodus nicht aktiviert ist – sie bieten also eine verringerte Naheinstellgrenze. Damit dieser Abbildungsmaßstab erreicht wird – normale Objektive erreichen eigentlich nur Werte zwischen 1:7 und 1:10 – werden innerhalb des Objektivs Linsengruppen verschoben. So sollen Abbildungsfehler bei sehr nahen Motiven vermindert werden. Dieses System kann aber nur als Notlösung angesehen werden, da diese Korrektur bei unterschiedlichen einstellbaren Brennweiten kaum hundertprozentig umzusetzen ist. Genau deshalb sind echte Makroobjektive auch immer Festbrennweitenobjektive, da hier die Fehlerkorrektur auf eine Brennweite optimiert werden kann. Modelle mit 50, 60, 100 und auch 180 mm Brennweiten werden standardmäßig angeboten. Einige Optikenhersteller führen auch noch weitere Brennweiten in ihrem Sortiment. Echte Makroobjektive bieten einen Abbildungsmaßstab von 1:1 und sind für den Nahbereich optimiert – sprich die Naheinstellgrenze ist geringer als bei anderen Objektiven. Das ist wichtig, weil man bei Makrofotos schließlich häufiger nah an das Motiv herangehen will oder muss. Auch die Makro-Abbildungsschärfe ist bei echten Makroobjektiven deutlich höher als bei makrofähigen Objektiven.
Wofür sind Nahlinsen geeignet?
Echte Makroobjektive sind sehr kostspielig, worauf wir im Folgenden noch kommen werden. Wer zunächst einmal mit günstigen Mitteln testen möchte, ob die Makrofotografie ihn tatsächlich begeistern kann, sollte zunächst über den Kauf einer Nahlinse – im Englischen Close-up-Lens genannt – nachdenken. Diese kosten zwischen 30 und 80 Euro und werden direkt auf das angelegte Objektiv aufgeschraubt. Die Nahlinsen funktionieren dabei wie eine Lupe, dabei bewirken sie, dass man näher an das Motiv herangehen kann, als ohne diesen Objektivvorsatz. Die Stärke von Nahlinsen wird in Dioptrien angegeben. Wer sich im Handel nach Nahlinsen für seine Filtergewindengröße anschaut, wird feststellen, dass es bei den Linsen extreme Preisunterschiede gibt. Einfache Nahlinsen gibt es schon für rund 20 Euro. Allerdings weisen diese eine mindere Qualität auf und verursachen auf den Bildern häufig chromatische Aberrationen. Die teureren, achromatischen Nahlinsen haben mit diesem Effekt nicht zu kämpfen.

Mit rund 30 Euro ist solch eine Nahlinse die günstigste Möglichkeit, mit der Makrofotografie zu experimentieren Foto: Hama
Wofür sind Zwischenringe gedacht?
Eine weitere Möglichkeit, sein Objektiv makrofähig zu machen, besteht darin, bei der Aufnahme Zwischenringe einzusetzen. Anders als Nahfilter werden diese nicht auf die Optik, sondern zwischen Kamerabody und Objektiv geschraubt. Zwischenringe bringen keine eigene Glasoptik mit und beeinflussen somit nicht die Abbildungsqualität. Ihre einzige Aufgabe ist es, für eine Auszugsverlängerung zu sorgen – also für einen größeren Abstand zwischen dem Objektiv und dem Bildsensor. Dies wiederum sorgt dafür, dass man näher an das Motiv herangehen kann und damit auch einen höheren Abbildungsmaßstab erzielt. Der Vorteil bei solchen Zwischenringen liegt darin, dass sämtliche Kamera- und Objektivfunktionen trotz dieser Auszugsverlängerung noch funktionieren.
Wofür setzt man Balgengeräte ein?
Ebenso wie Zwischenringe werden auch Balgengeräte wie zum Beispiel das Universal-Balgengerät BALPRO 1 von Novoflex zwischen Objektiv und Kamerabody montiert und sorgen so für eine Auszugsverlängerung. Der Unterschied liegt jedoch darin, dass diese Verlängerung keinen fixen Wert hat, sondern individuell verstellt werden kann. Wie eine Ziehharmonika können Sie das Balgengerät strecken und stauchen. Mit solch einem Balgengerät sind Sie also extrem flexibel, was den gewünschten Abbildungsmaßstab und die Naheinstellgrenze anbelangt. Allerdings hat dies auch seinen Preis. Der vorgestellte Universalbalgen kostet beispielsweise rund 330 Euro. In der Praxis werden solche Balgengeräte im Übrigen nur selten – auch wenn dies natürlich möglich ist – mit Standardfestbrennweiten oder Zoomobjektiven kombiniert, sondern mit Makroobjektiven, um eine optimale Abbildungsleistung zu erzielen.

Mit solch einem Universalbalgen lässt sich die Naheinstellgrenze individuell variieren Foto: Novoflex
Wie verwendet man Umkehrringe?
Neben den bereits vorgestellten Methoden gibt es auch noch eine weitere, die es ermöglicht, den Abbildungsmaßstab zu vergrößern – und zwar eine ziemlich skurril anmutende. Mit einem Umkehrring, auch Retroring, oder Retroadapter genannt, wird aus einem Weitwinkel- ein Makroobjektiv, indem das Objektiv einfach umgekehrt auf dem Kamerabody montiert wird. Logischerweise müssen Sie sich anschließend manuell um alle Einstellungen kümmern, da die Kameraelektronik hierbei nicht mehr mit dem Objektiv kommunizieren kann – einige High-End-Umkehrringe, die Elektronikadapter mitbringen, einmal ausgeschlossen. Anders als bei Nahlinsen kommen bei Umkehrringen keine zusätzlichen Optiken ins Spiel, die die Abbildungsqualität verringern könnten. Durch die umgekehrte Stellung, Retrostellung genannt, des Objektivs, wird die Naheinstellgrenze deutlich verringert. Der Vorteil gegenüber Zwischenringen liegt darin, dass dies nicht durch eine Auszugsverlängerung erreicht wird, die auch einen Verlust an Lichtleistung mit sich bringt. In der Regel werden Umkehrringe von Makrofotografen in Kombination mit Balgengeräten eingesetzt, da man dadurch in Bezug auf den Abbildungsmaßstab flexibel arbeiten kann.
Was leisten Makroobjektive?
Wie bereits angedeutet werden echte Makroobjektive ausschließlich als Festbrennweitenobjektive angeboten. In den Sortimenten der Hersteller findet man dabei unterschiedliche Modelle mit zum Beispiel 50, 60, 100 und auch 180 mm Brennweite. Diese unterschiedlichen Brennweiten zur Verfügung zu haben, ist für Makrofotografen in der Praxis auch sehr sinnvoll, denn schließlich gibt hier häufig das Motiv vor, wie nah man sich heranwagen kann und ab wann man es in die Flucht schlagen würde. So würde Ihnen beispielsweise ein Schmetterling nur selten den Gefallen tun, seelenruhig auf einer Blüte hocken zu bleiben, während Sie sich in 30 Zentimetern Entfernung zum Fotografieren bereitmachen. Makroobjektive lassen sich aber natürlich nicht nur für Makroaufnahmen nutzen, sondern können auch für alle anderen erdenklichen Einsatzzwecke eingesetzt werden. Die geringe Naheinstellgrenze und der große Abbildungsmaßstab sind schließlich nur eine Option und kein Muss. Fotografieren können Sie mit einem Makroobjektiv genauso wie mit einer vergleichbaren Festbrennweite ohne Makrofunktion. Dadurch lässt sich auch erklären, weshalb insbesondere Makroobjektive zwischen 50 und 100 mm Brennweite bei Fotografen sehr gefragt sind – diese lassen sich auch bei „normalen“ Aufnahmen prima als Objektiv einsetzen.
Welche Brennweite bringen Makroobjektive mit?
In diesem Artikel stellen wir Ihnen drei unterschiedliche Makroobjektive mit Abbildung vor. Im Einzelnen sind das das Nikon AF-S Micro NIKKOR 60mm 2.8G ED, das EF 100mm f2.8L Macro IS USM von Canon und das Makro 180mm F2.8 EX DG OS HSM von Sigma. Mit dieser Auswahl decken wir die typischen Vertreter der Makroobjektive exemplarisch ab. Mit rund 530 Euro ist das 60mm-Objektiv das günstigste Modell, das aufgrund seiner geringen Brennweite natürlich auch das kompakteste ist. Die Naheinstellgrenze liegt mit 0,185 Meter deutlich unter der von Standardobjektiven. Wie fast alle aktuellen Makroobjekte bringt auch dieses Modell einen Ultraschall-Autofokus mit. Für den Einstieg sicherlich eine hilfreiche Eigenschaft – ambitionierte Makrofotografen setzen allerdings eh nur auf die manuelle Fokussierung. Das EF 100mm f2.8L Macro IS USM von Canon ist mit rund 850 Euro deutlich teurer. Besonders erwähnenswert ist bei diesem Objektiv der integrierte Hybrid-Bildstabilisator, der optimal auf den Einbau in ein Makro-Objektiv abgestimmt ist. Die Naheinstellgrenze beträgt 0,30 Meter. Dass das Makro 180mm F2.8 EX DG OS HSM von Sigma in einer anderen Preisliga spielt, ist natürlich logisch, denn schließlich bekommt man hier auch eine Menge Objektiv. Das Monstrum bringt stolze 1,6 Kilogramm auf die Waage und bietet ebenfalls eine Stabilisatorfunktion. Die Naheinstellgrenze beträgt 47 Zentimeter. Der große Vorteil eines solchen Telemakroobjektivs liegt in seiner größeren Fluchtdistanz. Sie können das Motiv am Abbild 1:1 fotografieren, obwohl Sie aus einer relativ großen Entfernung fotografieren. So können Sie sicherstellen, dass Sie Ihre scheuen Motive nicht verschrecken. Verschrecken sollte Sie auch nicht der Preis des Objektivs. Rund 1.500 Euro müssten Sie für den Kauf des 180mm-Makros bereithalten.

Wenn aus großer Distanz fotografiert werden muss, ist das Makro 180mm F2.8 EX DG OS HSM von Sigma eine gute Wahl Foto: Sigma
Quelle Einstiegsbild: Tub_am / photocase.com