Unten Erde, oben Himmel. Diese Standardaufteilung prägt den Großteil aller Landschaftsaufnahmen. Wie wäre es mit etwas Abwechslung? Unten Wasser, in der Mitte Erde und oben der Himmel? Die „Aus-dem-Wasser-Perspektive“ bietet viele neue, kreative Möglichkeiten.
Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Das zeigt sich auch in der Fotografie. Bestimmt haben Sie sich auch schon selbst einmal dabei ertappt, dass Sie bei Landschaftsfotos häufig nach ein und demselben Muster vorgehen. Man hält Ausschau nach Objekten, die man für die Linienführung oder die räumliche Tiefe des Fotos nutzen kann. Ein eingespieltes Vorgehen, das sich bewährt hat und für gute, gelungene Fotos sorgt. In der Rubrik „Perspektiven“ wollen wir Ihnen neue Anstöße liefern, wie Sie mit kleinen Veränderungen der Bildgestaltung zu interessanten Ergebnissen kommen können. Wenn bei einem Bild die Standardaufteilung unten Land, oben Himmel durchbrochen wird, sorgt dies schon zwangsläufig für Aufmerksamkeit beim Betrachter – selbst wenn das Gesamtbild gar nicht so sehr gelungen sein sollte. Der Grund für das größere Interesse beim Betrachten liegt auf der Hand. Das Bild fällt auf, weil es anders aufgebaut ist, als die anderen. Und genau diese Möglichkeit eröffnet sich, wenn man bei der Bildaufteilung das Wasser als Ausgangspunkt für die Fotografie nimmt, indem es einen Großteil des unteren Bildausschnitts in Anspruch nimmt. Der Fotograf befindet sich im Wasser – oder scheint sich dort zu befinden. Und mit seiner Perspektivwahl sorgt er dafür, dass man sich beim Betrachten des Bildes ebenfalls dort platziert fühlt. Und das ist für viele Motive ein spannendes perspektivisches Grundgerüst.
Welche Beispielmotive sind typisch für „Aus dem Wasser – Fotos“?
Motivideen, bei denen man aus dem Wasser heraus fotografiert, gibt es mehr als genug. Ein typisches Motiv ist ein Bild, bei dem aus einem Boot fotografiert wird. Einen interessanten Effekt erzielen Sie, wenn Sie dies dem Bildbetrachter auch deutlich aufzeigen, indem die Bootsspitze von unten ins Bild ragt. Dadurch erlebt man die Szene, die man auf dem Foto sieht, genauso wie der Personen im Boot und erlebt die Natur aus ihrer Perspektive. Denkt man sich die Bootsspitze auf dem Beispielbild weg, ist die Aufnahme schon deutlich weniger bemerkenswert. Die Landschaft bleibt auch dann natürlich attraktiv, aber auch etwas beliebig. Noch spektakulärer als das Bild mit der Bootsspitze ist zweifellos das Einstiegsbild dieses Artikel. Hier spielt der Fotograf nicht nur mit der Perspektive, sondern nutzt auch noch bewusst die untergehende Sonne und die entsprechenden Reflexionen des Wassers als gestalterisches Element. Die Grenzen scheinen bei dieser Aufnahme zu verschwinden. Wo endet das Wasser, wo beginnt die Erde. Durch die niedrige Perspektive erkennt man erst auf den zweiten Blick, wo der Pool aufhört und zur nicht sichtbaren Promenade übergeht. Mit solchen eigentlich relativ simplen Tricks schafft es der Fotograf, dass man an dem Bild hängen bleibt und es interessiert anschaut – alles eine Frage der Perspektive.

Die Bootsspitze weist den Weg – und führt das Auge des Betrachters Foto: info@parknplay.de / pixelio.de
Warum wirkt eine Skyline vom Wasser aus attraktiv?
Den Betrachter etwas zu täuschen, steht bei unserem nächsten Beispielbild weniger im Vordergrund. Das Bild der Hamburger Hafenstadt dient stattdessen als Demonstration, wie sich Wasser und Architektur wirkungsvoll kombinieren lassen. Städte, die am Wasser liegen, egal ob am Meer oder an einem Fluss, strahlen häufig schon von sich aus eine hohe Attraktivität aus. Dabei ist die attraktive Perspektive nicht nur vom Land aufs Wasser, sondern auch vom Wasser auf die Stadt. Denken Sie nur an die Skyline von New York, die sich von einer Fahrt auf dem Boot über den Hudson River perfekt einfangen lässt. Hier ist es eher der künstlerische Kontrast zwischen der modernen Architektur und der wilden Natur, die gemeinsam auf einem Motiv für den gewissen Reiz einer Aufnahme sorgen. Selbst das „gezähmte“ Wasser in der Hamburger Hafenstadt macht hier keine Ausnahme.

Die Attraktivität der Hamburger Hafenstadt rührt vor allem vom Wasser her – und deshalb steht es auch hier im Zentrum Foto: Mareike Wagner / pixelio.de
Wie lassen sich Wasser und Weite verbinden?
Ein weiteres schönes Stilmittel, wofür man Wasser verwenden kann, ist die Demonstration von Weite und von Freiheit. Die Faszination eines Gebirgssees etwa mit seinem spektakulären Hintergrund ist eh schon ein hochinteressantes Motiv. Nimmt man solch ein Motiv aus dem Wasser heraus auf, gibt dies der Aufnahme noch einmal eine ganz besondere Note. Wichtig ist allerdings in diesem Zusammenhang, dass Weite für den Betrachter eines Fotos nicht so offensichtlich ist, wie für jemanden, der das Schauspiel in Natura erleben kann. Damit man die Weitläufigkeit einer Landschaft auch auf einem Foto nachvollziehen kann, braucht der Betrachter Bezugsgrößen – beispielsweise einen Menschen, der durch das Wasser paddelt. Dessen Größe kann man sofort gut einschätzen und setzt dazu den Rest des Bildes in Relation – und schon ist eine weitläufige Landschaft auch tatsächlich als solche zu erkennen. Eine schöne Demonstration dieses Effekts zeigt unser letztes Beispielbild. Hier wird zudem auch noch ein Freiheitsgefühl transportiert – einfach dadurch, dass das Wasser weder links noch rechts an eine Begrenzung stößt. Man könnte also gefühlt ewig weiter mit dem Kajak durchs Wasser paddeln. Auch für diese Wahrnehmung ist die Perspektive „Aus dem Wasser“ wie geschaffen!

Dadurch, dass weder links noch rechts das Wasser an Begrenzungen stößt, wird Freiheit visualisiert Foto: info@parknplay.de /pixelio.de
Bildquelle Einstiegsbild: mo gun / photocase.com