Irgendwie stimmen die Proportionen bei diesem Fotografenporträt nicht, meinen Sie? Völlig richtig, denn fotografiert wurde mit einem Fischaugenobjektiv – dem beliebten Zubehör für experimentierfreudige und kreative Fotografen. In diesem Artikel erfahren Sie, was die Objektive so besonders macht, wofür man sie einsetzt und welche Modelle angeboten werden.
Wenn man es Aufnahmen garantiert ansieht, mit welchem Objektiv sie aufgenommen wurden, dann sind es solche, bei denen ein Fisheye-Objektiv zum Einsatz gekommen ist. So wie das Einstiegsbild zu dieser Lektion. Das Porträt weist eine deutliche tonnenförmige Verzeichnung auf – typisch für Fisheye-Objektive. Doch woher stammt diese Eigenart? Und ist das nicht ein Abbildungsfehler, den man eigentlich vermeiden sollte? Spannende Fragen rund um eine Objektivart, die nicht umsonst als etwas schräg, als Spielzeug für Kreative verschrien wird.
Woher hat das Fisheye-Objektiv seinen Namen?
Warum ein Fisheye-Objektiv so heißt wie es heißt, wird ersichtlich, wenn man sich die einzelnen Modelle einmal genauer anschaut. Die Linse ist stark nach außen gewölbt, ebenso wie die Augen bei Fischen. Diese Konstruktion sorgt dafür, dass die Objektive auch in Bezug auf den Bildwinkel ähnliche Eigenschaften aufweisen wie echte Fischaugen. Sie bieten eine Rundumsicht. Fischaugenobjektive erzielen einen extrem großen Bildwinkel von bis zu 180 Grad. Fische benötigen diese Eigenschaft, um ihre Umgebung jederzeit im Blick zu haben und potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen. In der Fotografie ist die Gefahrenfrüherkennung natürlich keine sinnvolle Eigenschaft, wohl aber die Option, die Umgebung mit einer einzigen Aufnahme abbilden zu können. Fisheye-Objektive bringen extrem kurze Brennweiten mit. Anders wäre der große Bildwinkel natürlich gar nicht möglich. Typisch für Fischaugenbilder ist die tonnenförmige Verzeichnung. So werden Linien nur in der Bildmitte korrekt wiedergegeben. Je weiter es zum Bildrand geht, desto stärker werden die Linien gekrümmt. Diese Verzeichnung kann man entweder als kreatives Element bei den entsprechenden Fotos beibehalten, oder sie via Bildbearbeitung nachträglich wieder heraus rechnen. Adobe Lightroom bietet etwa eine solche integrierte Objektivkorrektur für Fischaugenobjektive.

Und hier zeigt sich sehr schön die typische Verzeichnung bei einem Diagonal-Fisheye Foto: Markus Hein / pixelio.de
Was ist der Unterschied zwischen diagonalen und zirkularen Fisheye-Objektiven?
Man unterscheidet in dieser Objektivklasse zwischen zwei unterschiedlichen Modelltypen: den zirkularen und den diagonalen Fischaugenobjektiven. Zirkulare Objektive bringen dabei kürzere Brennweiten mit als diagonale. Der grundlegende Unterschied zwischen diesen beiden Typen ist der Bildwinkel. Diagonale Modelle, auch Vollformat-Fisheyes genannt, bieten einen (maximal) 180 Grad großen Bildwinkel lediglich in der Bilddiagonalen. In der Horizontalen und der Vertikalen wird dieser Wert hingegen nicht erreicht. Zirkulare Modelle hingegen erreichen diesen Wert hingegen vollflächig. Dementsprechend ist es auch nicht verwunderlich, das zirkulare Fischaugenobjektive immer kürzere Brennweiten aufweisen als diagonale. Gravierend sind die Unterschiede auch bei den Bildern, die mit diesen Objektiven aufgenommen werden. Zirkulare Objektive erzielen in Kombination mit Vollformatkamera ein kreisrundes Bild, dessen Ränder abgedunkelt sind – so als hätte jemand durch das Bullauge eines Schiffes fotografiert. Man spricht hierbei von einer Vignettierung. Diagonale Modelle hingegen füllen das komplette Bild mit dem aufgenommen Motiv aus. Für beide Varianten finden Sie Beispielbilder in diesem Artikel.

Schauen Sie sich die Abdunklungen an den Rändern an: Ein typisches Beispiel für ein Foto mit Zirkular-Effekt Foto: Günther Schad / pixelio.de
Muss der Cropfaktor auch bei bei Fisheye-Objektiven beachtet werden?
Wie bei allen Objektiven und Brennweitenangaben ist es auch bei Fisheye-Objektiven von entscheidender Bedeutung, mit welchem Kamerasensor fotografiert wird. Wie üblich beziehen sich die Brennweitenangaben und die Angaben zum Bildwinkel immer auf das Kleinbildformat und werden nur dann erzielt, wenn der Fotograf eine Vollformatkamera einsetzt. Bei Cropsensoren wie dem beliebten APS-C-Format hingegen muss man mit veränderten Bildwirkungen rechnen. Wer mit solch einer Kamera die Ergebnisse eines 8 mm – Zirkularobjektives erzielen will, muss aufgrund des Cropfaktors ein Modell mit einer Brennweite von 4,5 Millimetern wählen. Angeboten werden Fischaugenobjektive mit unterschiedlichen Brennweiten von 4,5 bis hin zu 17 Millimetern. Üblicherweise bieten die Objektive eine Festbrennweite, nur von Canon; Pentax und Tokina finden sich Modelle mit Zoom – dazu im späteren Verlauf noch mehr.
Wofür werden Fisheeye-Objektive eingesetzt?
Entscheidend für die Attraktivität von Fischaugenobjektiven ist deren immens großer Bildwinkel. So wird es mit solch einem Objektiv möglich, mit lediglich drei Aufnahmen ein sphärisches Panorama zu erstellen. Ein sphärisches Panorama ermöglicht dem Nutzer eine komplette Rundumsicht um einen feststehenden Mittelpunkt. Dabei kann der Betrachter sich virtuell im Kreis drehen, sowie nach oben und unten blicken. Gerne genutzt werden solche interaktiven Panoramen beispielsweise auf Websites von Restaurants oder Hotels, damit sich die Gäste online schon einmal ein aussagekräftiges Bild von der Location machen können. Bei der Erstellung solcher Panoramen kommen häufig Fisheye-Objektive zum Einsatz – in Kombination mit einem Stativ mit Panoramakopf bieten sie das nötige Equipment für die nötigen Einzelaufnahmen, die später am PC zusammengefügt werden. Natürlich werden Fischaugenobjektive nicht nur in der Panoramafotografie eingesetzt, sondern auch in der Landschaftsfotografie, wenn ein großer Bildwinkel vom Fotografen erwünscht ist. Auch kreative Porträtfotografen verwenden gelegentlich solche Objektive, um ungewöhnliche Aufnahmen zu erzielen. Doch trotz der unterschiedlichen Anwendungsgebiete blieben Fischaugenobjekte doch vor allem eines: Exoten, die nicht unbedingt zur Standardausrüstung eines typischen ambitionierten Hobbyfotografen zählen. Dazu trägt nicht zuletzt auch der vergleichsweise hohe Preis der Objektive bei. Bis auf wenige Ausnahmen müssen Sie für Fischaugenobjektive Kosten von 700 Euro aufwärts einplanen.
Gibt es auch Fisheeyeobjektive für Systemkameras?
Will man sich die am Markt verfügbaren Fisheye-Objekte einmal genauer anschauen, fällt zunächst einmal etwas auf: Wer mit einer spiegellosen Systemkamera fotografiert, kann in punkto Objektivangebot nicht gerade aus dem Vollen schöpfen. Für das Micro Four Thirds – Format bietet lediglich Panasonic als Kamerahersteller mit seinem Lumix G 3,5/8 mm ein Fischaugenobjektiv an. Im Handel ist das Objektiv für rund 750 Euro erhältlich. Derzeit einzige Alternativen für spiegellose Systemkameras sind das „Walimex Pro 8 mm“ für 330 Euro. Bei diesem Objektiv müssen Sie allerdings auf einen Autofokus ebenso verzichten wie bei dem koreanischen Samyang Fisheye 1:3,5/7,5mm, für das Sie ebenfalls rund 300 Euro einplanen müssten. Fotografen, die mit einer Sony NEX unterwegs sind, können sich zudem noch über einer günstigere Alternative freuen. Sony bietet nämlich speziell für sein 16 mm Pancake-Objektiv einen passenden Fisheye-Konverter an, der den Fischaugeneffekt simuliert. Dabei darf man natürlich keine Ergebnisse wie bei professionellen Fischaugenobjektiven erwarten – dafür kostet der Konverter aber auch nur rund 100 Euro!
Wie teuer sind Fisheeye-Objektive für DSLRs?
Deutlich umfangreicher wird das Fischaugenobjektiv für Fotografen, die auf SLRs setzen. Zirkulare und diagonale Modelle mit unterschiedlichen Festbrennweiten findet man dabei bei allen Kameraherstellern, sowie bei Sigma, das diverse Fischaugen für diverse Anschlüsse im Sortiment führt. Wer weniger Geld ausgeben will und auf einen Autofokus verzichten kann, findet entsprechende Objektive auch von Walimex. Nicht so üppig ist die Vielfalt bei Fischaugenobjektiven, die ein Zoom mitbringen. Pentax war hier viele Jahre lang mit seinem 10-17mm f/3.5-4.5 /rund (550 Euro) allein auf weiter Flur. Inzwischen hat Canon aber mit einem hochinteressanten Modell nachgezogen. So bietet das Ende 2011 herausgekommene EF 8-15mm f/4L Fisheye USM (rund 1.300 Euro) gleichzeitig die Möglichkeit, je nach Wunsch und Brennweite vollformatige und zirkulare Bilder aufzunehmen. Diese Option sucht man bei anderen Herstellern bislang vergeblich. Wer als Nikon-Fotograf ein Fischaugenobjektiv mit Zoom zur Verfügung haben will, muss bislang auf einen Fremdhersteller ausweichen. So bietet Tokina das AT-X 10-17mm/3.5-4.5 für Nikon- und Canon-Anschluss an. Rund 650 Euro kostet das Modell im Online-Handel. Allerdings sollte man bei diesen Zoomobjektiven nicht vergessen, dass die 180 Grad Bildwinkel in der Diagonalen nur bei 10 mm Brennweite erreicht werden. Bei längeren Brennweiten ergibt sich „nur“ eine Fisheye-Optik, nicht aber die typische 180-Grad-Rundumsicht.
Quelle Einstiegsbild: Tim Reckmann / pixelio.de