Spiegelnde Flächen sind bei vielen Motiven problematisch. Sie sorgen für Blitzreflexionen und zeigen – wenn man die Aufnahmeposition ungeschickt gewählt hat – sogar ungewollt den Fotografen nebst Kamera auf dem Bild. Doch spiegelnde Flächen lassen sich auch bewusst fotografisch einsetzen.
Auf der Suche nach neuen, spannenden Motiven muss man nicht zwangsläufig immer an weit entfernte Orte in der Welt jetten. Oftmals finden sich nämlich die schönsten fotografischen Möglichkeiten in der direkten Umgebung – nur hat man sie bislang schlichtweg übersehen. Wer sich immer nur auf traditionelle Blickwinkel und Bildausschnitte verlässt, dem entgehen unzählige attraktive Bildmotive. Doch wie findet man Perspektiven, die ein Motiv völlig interpretieren und dafür sorgen, dass die Betrachter der Fotos ins Staunen geraten? In diesem Artikel wollen wir Ihnen Motivideen unter dem Motto „Alles was spiegelt“ vorstellen. Und dieses vermeintlich unscheinbare Thema hat es wirklich in sich, wie unsere Beispielbilder Ihnen beweisen werden.
Wie wirken Spiegelungen im Bild?
Bei „Alles was spiegelt“ geht es darum, Spiegelungen bewusst in seine Aufnahme einzuarbeiten. Sie entweder als Teil der Gesamtinszenierung einzusetzen, oder sie selbst als Motiv für sich zu entdecken. Beides ist in vielen unterschiedlichen Formen möglich und hat seinen Reiz. Bevor es um die Details möglicher Motive geht, sollte man sich vergewissern, welche Auswirkungen Spiegelungen bei einer Fotografie haben. Die erste liegt auf der Hand, führt aber in der Praxis immer wieder zu Fehlern. Auch Sie selbst können mit Ihrer Kamera in einer Spiegelung auftauchen. Dies ist natürlich – es sei denn, Sie beabsichtigen es – nicht gewünscht. So muss schon bei der Aufnahmeposition und beim Winkel, den Sie bei der Fotografie wählen, darauf geachtet werden, dass eben dies nicht der Fall ist. Auch der Einsatz von Blitzgeräten ist beim Einsatz von spiegelnden Flächen problematisch, denn die starken Lichtreflexe können das Bild unbrauchbar werden lassen. Im Zweifel sollten Sie also lieber mit längeren Belichtungszeiten oder höheren ISO-Werten fotografieren, anstatt mit einem Blitz Ihre Umgebung aufzuhellen.
Wo lassen sich Spiegelungen fotografieren?
Wenn sich etwas spiegeln soll, denkt man logischerweise immer erst zunächst an das Naheliegendste: an den Einsatz eines Spiegels! Bereist hier finden sich etliche Varianten die man fotografisch sinnvoll nutzen kann. Angefangen vom klassischen Schminkspiel, über den Lupenspiegel bis hin zum Außenspiegel eines Autos. Auch Glas bietet, je nach Lichtsituation und Perspektive beim Fotografieren, die Möglichkeit als Spiegelfläche genutzt zu werden. Interessant kann zum Beispiel der der Einsatz eines Fensters sein, wenn man nach draußen fotografiert und auf dem Motiv einerseits die Spiegelung, andererseits aber auch schemenhaft die Außenwelt zu sehen ist. Nicht zu vergessen sind natürlich auch Wasseroberflächen, die perfekt geeignet sind, um ihre Umgebung zu reflektieren. Dies lässt sich einerseits für die Bildkomposition bei klassischen Landschafts- und Städtefotos einsetzen, aber eben auch, um eine völlig neue Bilderwelt zu entdecken.
Wie fotografiert man Spiegelungen von Wasseroberflächen?
Bei sich spiegelnden Wasseroberflächen denkt man fast zwangsläufig an stehende Gewässer wie Teiche oder Seen. Wirklich interessant wird es aber schob bei viel kleineren Oberflächen – zum Beispiel Wasserpfützen. Den Beweis dafür liefert nicht zuletzt unser Beispielfoto, das die eine Spiegelung einer Pfütze auf einem Kopfsteinpflaster zeigt. Attraktiv werden solche Fotos vor allem deshalb, weil sie die klassischen, gewohnten Formen der Bildgestaltung auf den Kopf stellen. Die Spiegelung im Wasser erscheint auf den ersten Blick das Hauptmotiv des Bildes zu sein und gibt die Proportions- und Seitenverhältnisse vor. Tatsächlich aber hat der Fotograf natürlich seine Kamera gen Boden geschwenkt, um die Spiegelung einzufangen, weshalb das Gesamtbild irritierend wirkt. Der gewohnte Bildaufbau ist durchbrochen. Was auf dem Foto oben zu sehen ist, ist nicht auch in der Realität oben. Die scheinbar verlässliche Orientierung, die das Spiegelbild bietet, ist ein Bluff. Solche Szenen mit Spiegelungen in Pfützen bieten unzählige Varianten, kreativ zu fotografieren. Nach dem nächsten kräftigen Regenschauer sollten Sie also unbedingt einmal auf „Pfützenjagd“ gehen. Auch klassische Spiegel oder Fensterglas eignen sich natürlich für kreative „Manipulationen“. Nutzen Sie beispielsweise eine Spiegelung, um eine Umgebung zu „doppeln“ und wählen Sie die Perspektive derart, dass man beim Betrachten des Bildes ganz genau hinschauen muss, um den virtuellen Betrug zu bemerken. Möglichkeiten, Spiegelungen kreativ zu nutzen, gibt es jede Menge. Man muss nur die Augen offen und die Kamera bereit halten!
Wie wirken „Spiegelporträts“?
Im Trockenen bleiben können Sie bei der zweiten spiegelnden Motividee, die wir Ihnen vorstellen wollen: dem Porträt im Spiegel. Dies ist eine sehr spannende Variation des klassischen Porträts, weil hier das Model in einer sehr persönlichen, intimen Situation fotografiert wird. Es betrachtet sich selbst im Spiegel und der Bildbetrachter sieht dabei ihren Gesichtsausdruck, ihre Mimik. Der Ausdruck wirkt so echt und nicht aufgesetzt, weil es sich nicht sichtbar um ein klassisches „Posen“ handelt. Die direkte Beziehung Fotograf und Model wird durch den Spiegel unterbrochen. Der Bildbetrachter scheint dem Model bei einer Alltagssituation zuzuschauen. Typisch sind bei solchen Spiegelporträts eher nachdenklich, melancholisch wirkende Fotos mit warmen, gemütlichen Farben. Der Grund dafür ist nahliegend. Es würde schließlich etwas merkwürdig aussehen, wenn das Model sich selbst im Spiegel angrinst oder anlacht! Ein verträumter Gesichtsausdruck wirkt da deutlich realistischer. Einen interessanten Zusatzeffekt setzt der Fotograf bei unserem Beispielporträt in diesem Artikel ein. Hier ist ein großer Teil des Spiegels von kondensiertem Wasser beschlagen. Das sorgt für eine dichte Atmosphäre.

Spiegelbilder für Porträtaufnahmen zu nutzen ist ein beliebtes Instrument, um Melancholie darzustellen Foto: David Dieschburg / photocase.com
Wie kann man Spiegelungen für Skyline-Fotos nutzen?
Ein kristallklarer See oder auch ein gemächlich vor sich hin ziehender Fluss sind ebenfalls tolle „Spiegelmöglichkeiten“. Nutzen sollten Sie dies unbedingt für Architekturfotos und auch Skylinefotografien. Was bereits tagsüber für eine tolle Bildkomposition sorgt, wenn die Bildmitte exakt gesetzt wird und sich die obere in der unteren Bildhälfte spiegelt, wird bei nächtlichen Fotos zu einer wahren Attraktion. Wenn dann nämlich mit langen Belichtungszeiten fotografiert wird, wirkt die Wasseroberfläche, als wäre sie eine spiegelglatte Eisbahn – mit eben solchen perfekten spiegelnden Eigenschaften. So ist der Bildaufbau „Unten Wasserfläche, oben Stadtpanorama oder attraktive Architektur“ ein tolles Motiv für Available Light-Fotos. Wichtig ist bei der Umsetzung in der Praxis aber Folgendes. Fotografieren Sie unbedingt mit einem Stativ und nutzen Sie wenn möglich für das Auslösen einen Fernauslöser. Wenn mit Belichtungszeiten (Bulb-Langzeitbelichtung) jenseits von ein paar Sekunden fotografiert wird, kann jeder noch so kleine Wackler die Aufnahme zerstören. Wie lang im Übrigen die perfekte Belichtungszeit für ein Motiv ist, lässt sich pauschal nicht beantwortet und ist sehr unterschiedlich. Hierbei sollten Sie sich nach dem Prinzip Try and Error bis zu einer sinnvollen Einstellung hervortasten. Perfekt ist die Belichtungszeit dann gewählt, wenn auch die dunkeln Bildbereich ausreichend aufgehellt sind und Details preisgeben, gleichzeitig aber die Zeit nicht so lange eingestellt ist, dass das grelle Licht der Spitzlichter das Motiv völlig überlagern. Erst wenn man als Available-Light-Fotograf hunderter solcher Motive vor der Linse hatte, bekommt man ein Gespür dafür, welche Einstellung optimal sein könnte. Lassen Sie sich bei Ihren Anfängen also von Misserfolgen nicht entmutigen und kämpfen Sie sich von Belichtungszeiten angefangen von mehreren Sekunden bis hin zu Geduldsspielen von einer Stunde zum perfekten Ergebnis vor.

Der Düsseldorfer Medienhafen ist ein beliebtes Fotomotiv. Mit der Wasserspiegelung hier ist er sehr gut getroffen Foto: Georg Schwalbach (GS1311)
Wie baut man Spiegelbilder auf?
Sich spiegelnde Wasseroberflächen lassen sich natürlich auch perfekt für wunderschöne Landschaftsaufnahmen einsetzen. Auch hier setzen Profifotografen gerne auf eine Bildaufteilung, bei der sich die ober Bildhälfte in der unteren spiegelt. Diese perfekte Symmetrie lässt eine Aufnahme angenehm und harmonisch wirken. Allerdings sollte man dies nur als mögliche Vorgabe und nicht als unumstößliche Regel ansehen. Experimentieren Sie mit unterschiedlichen Bildaufteilungen, konzentrieren Sie sich nicht nur auf weitläufige Landschaften – auch kleine Details können in einer Spiegelung eine spektakuläre Aussagekraft erlangen.
Quelle Einstiegsbild: madochab / photocase.com
Vielen lieben Dank für den interessanter Post!
Toller Blog.
Guten Tag,
ich bin auf der Suche nach einem Glas/Spiegel, dass bei Draufsicht transparent ist – also die Sicht freigibt – sich aber beim Abfotografieren wie ein Spiegel verhält. Gibt es so ein Material oder lässt es sich eine solche Funktionalität einrichten?
Freundlicher Gruß