Während bei DSLRs die klare Trennung zwischen manuellen Aufnahmeprogrammen und der Kameraautomatik vorherrscht, sind die Grenzen bei vielen Systemkameras fließend. Intelligente Automatikfunktionen sorgen für individuelle Einstellmöglichkeiten.
Schaut man sich die Aufnahmeprogramme aktueller DSLRs und von Modellen, die fünf Jahre alt sind an, fällt auf, dass sich im Laufe der Zeit nicht allzu viel verändert
hat. Auf einem Programmwahlrad finden sich nach wie vor einige Kreativprogramme, die Zeit-, Blenden- und Programmautomatik, der manuelle Modus sowie das Gegenstück: die Vollautomatik.
Je nach gewähltem Programm hat der Fotograf mehr oder weniger Einflussmöglichkeiten auf die Kameraeinstellungen und entsprechend auch auf das Bildergebnis. So lassen sich in den halbautomatischen Modi und im manuellen Modus Blende, Verschlusszeit und Lichtempfindlichkeit am Body jederzeit noch manuell verändern.
Im Automatikmodus müssen Sie Ihrer Kamera vertrauen, dass sie für Sie die optimalen Einstellungen auswählt. Man hat keinerlei Möglichkeiten, manuell Einfluss auf das Bildergebnis zu nehmen. So jedenfalls war lange Zeit gängige Meinung, denn tatsächlich hielten sich die kreativen Möglichkeiten in engen Grenzen. Lediglich der Schärfebereich konnte durch das halbe Durchdrücken des Auslösers bestimmt und anschließend gespeichert werden.
Durch diesen Umweg ließ sich zumindest eingeschränkt bestimmen, wie die Schärfentiefe bei einem Bild dargestellt werden sollte.
Die Grenzen verschwinden
Die Systemkamerahersteller haben das klassische Bedienkonzept der Spiegelreflexkameras übernommen, aber auch noch durch eigene Funktionen erweitert. Aus gutem Grund, schließlich sollen Systemkameras Profis mit professionellen Ergebnissen und individuellen Einstellmöglichkeiten überzeugen und gleichzeitig Einsteigern helfen, sich ohne das Wälzen von dicken Hand- und Ratgeberbüchern schnell zurechtzufinden.
Das Ergebnis sind neue Bedienkonzepte, die frischen Wind in den Kameramarkt bringen. So verschwimmen die Grenzen zwischen Automatik und manueller Einstellbarkeit. Und auch Objektive werden nun teilweise mit neuen Funktionen ausgestattet. Wir stellen Ihnen einige interessante Neuerungen in diesem Artikel an konkreten Modellen vor.
Neue Brückenfunktion
Die Lumix GF 3, die Panasonic Ende 2011 auf den Markt brachte, war alles andere als nur eine weitere Vertreterin einer neuen Kamerageneration. Panasonic hatte mit der Kamera einige klassische Bedienkonzepte komplett über Bord geworfen. Zum ersten Mal wurde eine ambitionierte Kamera fast ausschließlich über das Touchscreen-Display bedient. So fehlte das klassische Programmwahlrad – beziehungsweise über den Monitor wurde es aufgerufen und das gewünschte Programm eingestellt.
Durch den Verzicht auf diese klassischen Bedienelemente schrumpfte die Lumix GF 3 und war eine der kleinsten Systemkameras überhaupt. Fast noch wichtiger war aber eine weitere Neuerung: die „intelligente Automatik plus“, die Panasonic mit der GF 3 einführte. Sie sollte die Brücke schlagen zwischen einem Programm, das dem Anwender alle Einstellungen abnimmt und einem manuellen Modus, bei dem der Nutzer selbst die gewünschte Blende und Verschlusszeit einstellt.
Das perfekte Programm also für Anwender, die nicht durch das Stöbern in Handbüchern das kreative Fotografieren lernen wollen, sondern in der Praxis – ganz natürlich beim Fotografieren!
Die intelligente Automatik ist zum Standard geworden
Das Programm „intelligente Automatik plus“ findet sich inzwischen bei jeder aktuellen Lumix-Systemkamera. Ist dieser Modus eingestellt, fotografieren Sie mit einer Vollautomatik. Das heißt: Die Kamera wählt selbstständig für das Motiv die geeigneten Einstellungen. Dabei nutzt die Automatik die Gesichts-, Motiv- und Bewegungserkennung, um falls nötig die Autofokusverfolgung zu aktivieren.
Anders als in der Vollautomatik können Sie aber vor dem Fotografieren noch Änderungen vornehmen. Dabei lassen sich beispielsweise Belichtung und Weißabgleich verändern. Erfahrene Fotografen werden nun anmerken, dass die Programmautomatik einer Spiegelreflexkamera eine identische Funktionalität bietet. Die intelligente Automatik plus geht aber noch weiter: Mithilfe des Touchscreens können Sie den gewünschten Schärfebereich im Foto mit Ihren Fingern konkret festlegen und so die Schärfentiefe bestimmen.
Doch nicht nur das: Sie können einzelne Bildbereiche sogar gezielt defokussieren und so zum Beispiel für einen unscharfen Hintergrund sorgen. Und das, ohne dass Sie sich um technische Fragen wie Schärfentiefe bei offener Blende und den Zusammenhang mit dem Abbildungsmaßstab beschäftigen müssten.
So machte es die Lumix GF 3 als erste Kamera überhaupt möglich, dass Sie auch ohne technisches Vorwissen wirklich kreativ fotografieren konnten.
Eine interessante Zusatzoption
Inzwischen bieten nicht nur alle Lumix-Systemkameras, sondern auch die Modelle vieler anderer Hersteller diese oder eine ähnliche Aufnahmefunktion an. Wer die Funktion bei einer Lumix-Kamera nutzen möchte, wird die „intelligente Automatik plus“ nicht als separate Einstellung finden. Vielmehr wird diese Funktion als Zusatzoption zur „intelligenten Automatik“ angeboten, die über das Kameramenü wahlweise aktiviert oder deaktiviert werden kann.
Sie können also selbst bestimmen, ob Sie in Automatikeinstellungen Individualfunktionen nutzen können möchten oder nicht! In der Regel ist die Plus-Funktion bei den Lumix-Kameras in der Standardeinstellung aktiviert.
Ein entscheidender Erfolgsfaktor
Die intelligente Automatik plus ist ein Musterbeispiel dafür, warum immer mehr Anwender zu Systemkameras greifen. Anders als im Spiegelreflexbereich, wo man sich lange nur wenig um die Belange von Ein- und Umsteigern kümmerte, bauen Systemkameras tatsächlich eine Brücke zwischen bestmöglicher Bildqualität und kreativen Möglichkeiten auf der einen und der maximalen Unterstützung unerfahrener Fotografen auf der anderen Seite.
Anstatt sich auf etablierte Bedienkonzepte zu verlassen, werden neue Wege entwickelt, unerfahrene und erfahrene Fotografen gleichermaßen zufriedenzustellen.
Hierzu zählt sicherlich auch die hohe Zahl unterschiedlicher Motivprogramme, die Fotografen in schwierigen Situationen helfen sollen, mit der bestmöglichen Kameraeinstellung zu fotografieren.
Smarte Funktionen bei Nikon
Mit welchen Funktionen man die breite Masse der Nutzer ansprechen kann, die zwar kreativ fotografieren wollen, sich dabei aber nicht mit der Technik befassen möchten, zeigt auch Nikon mit seinen Systemkameras. Mit dem „Smart Photo Selector“ und dem „Bewegten Schnappschuss“ bewerben die Japaner neue Funktionen, die professionellen Fotografen meist nur ein müdes Lächeln abringen – doch sie treffen offenbar genau den Nerv der Anwender.
Solche unterstützenden Funktionen findet man eigentlich sonst nur bei Kompaktkameras, während Fans von Spiegelreflexkameras anmerken werden, dass die Serienbildfunktion einer professionellen Kamera sicherlich ein nützlicheres Angebot ist.
Und trotzdem: Der Vorteil solcher Smart-Funktionen ist, dass Ihnen mit einer Systemkamera auch dann Fotos gelingen, wenn Sie sie zum ersten Mal in der Hand halten!
Bei vielen Systemkameras und auch DSLRs der Einstiegsklasse können sich Anwender auch über einen „Guide-Modus“ freuen. Dieser unterstützt Sie bei der Auswahl der optimalen Einstellungen anhand Ihrer Angaben zum gewünschten Ergebnis.
Dabei wird Ihnen erläutert, warum in diesem Fall eine offene oder eine geschlossene Blende gewählt werden muss und ob und warum auf den ersten oder zweiten Vorhang geblitzt wird. Auch solche Programme helfen ungeübten Anwendern, ihrer Kamera nicht langfristig sämtliche Einstellungen zu überlassen, sondern das Heft nach und nach selbst in die Hand zu nehmen und so zu einem richtigen Fotografen zu werden!
iFunction: Intelligente Objektive von Samsung
Interessante neue Bedienkonzepte finden sich auch bei anderen Systemkameras. Samsung beispielsweise wird nur von wenigen Fotografen als Premiumhersteller der Fotobranche wahrgenommen. Tatsächlich aber hat der südkoreanische Technikriese nicht nur interessante Systemkameras im Angebot, sondern überrascht auch mit neuen Konzepten. So hat Samsung seinen Systemkameras ein neues optionales Bedienkonzept verpasst – beziehungsweise den Objektiven, über die alle wichtigen Kameraeinstellungen während des Fotografierens eingestellt werden können.
Diverse Samsung-Objektive bringen die „iFunction“-Taste mit. Wird diese aktiviert, kann der Fotograf den Fokusring nicht mehr nur zum manuellen Fokussieren verwenden, sondern um die Belichtungskorrektur zu nutzen, den Weißabgleich und die Lichtempfindlichkeit zu verändern, Blende und Belichtungszeit einzustellen oder zu einem anderen Motivprogramm zu wechseln.
Das heißt also: Sie können sämtliche Einstellungen vornehmen, ohne dass Sie die Augen vom Motiv nehmen müssen. Stattdessen lassen sich die Einstellungen – zumindest nach etwas Übung – blind per Hand am Fokusring vornehmen.