Mit dem halbautomatischen Aufnahmeprogramm Blendenpriorität, bei vielen Kameras auch „Zeitautomatik“ genannt, steigen Sie ein in die Welt der kreativen Fotografie. Lernen Sie in diesem Artikel, wie sich Einstellungen wie f/2,8 oder f/16 auf die Schärfentiefe eines Bildes auswirken.
Wer zuvor immer nur mit der Vollautomatik fotografiert hat und dann erstmals den manuellen Modus seiner Kamera nutzt, wird von den ersten fotografischen Ergebnissen mit großer Wahrscheinlichkeit geschockt werden. Völlig unscharfe Bilder, auf denen kaum ein Detail zu erkennen ist. Selbst anspruchslose Landschaftsaufnahmen misslingen und zeigen statt der attraktiven Umgebung nur psychedelisch anmutende Farbstreifen! Wenn auch Sie solche Erfahrungen schon einmal mit Ihrer neuen DSLR oder Systemkamera gemacht haben sollten: Lassen Sie sich nicht entmutigen. In diesem Fall hilft es, einen Schritt zurück zu gehen und vom manuellen Modus in einen halbautomatischen Modus zu wechseln. Mit solch einem Programm können Sie immer noch kreativ fotografieren, lassen sich jedoch von Ihrer Kamera unterstützen, damit Ihnen die Aufnahmen auch gelingen.
Was ist der Unterschied zwischen Zeitautomatik und Blendenpriorität?
Ein halbautomatisches Aufnahmeprogramm ist ein Programm, bei denen Sie einige wichtige Kameraeinstellungen von Hand vornehmen müssen, den anderen Teil übernimmt Ihre Kamera. Eines der hilfreichsten Halbautomatikprogramme ist die „Blendenpriorität“. Möglicherweise finden Sie das Programm bei Ihrer Kamera auch unter dem Namen „Blendenvorwahl“ oder „Zeitautomatik“. Dabei sind diese Namen nur scheinbar Widersprüche. Sie geben in diesem Modus der Kamera die Blende vor, räumen ihr also eine hohe Priorität ein. Die Kamera wählt die Belichtungszeit automatisch – deshalb der Begriff „Zeitautomatik“. Egal, wie das Programm also heißt, das Prinzip ist immer dasselbe. Sie legen vor einer Aufnahme fest, mit welcher Blendenöffnung Ihre Kamera fotografieren soll. Die Kamera wählt anschließend automatisch eine passende Belichtungszeit aus, damit Sie sich über eine gelungene Aufnahme freuen können. Vor der Aufnahme können Sie an Ihrer Kamera per Wahlrad zwischen den unterschiedlichen Blendenwerten wählen. Die Kamera ermittelt dann in Millisekunden die dazu passende Belichtungszeit. Das Aufnahmeprogramm Blendenpriorität ist deshalb perfekt für Ein- und Umsteiger geeignet, die in der fotografischen Praxis das Zusammenspiel von Blende und Belichtungszeit und deren Auswirkungen auf das Foto lernen möchten.
Was kann man im Modus Zeitautomatik manuell einstellen?
Die Blendenpriorität ist deshalb bei vielen Fotografen so beliebt, weil für viele Fotos die Schärfentiefe von großer Bedeutung ist, während man die Verschlusszeit vernachlässigen kann. Um sich zu vergegenwärtigen, welchen Einfluss der Blendenwert auf ein Foto hat, sollten Sie einmal folgenden Test machen. Nehmen Sie Ihre Kamera zur Hand und suchen Sie sich ein bestimmtes Motiv aus. Stellen Sie Ihre Kamera auf den Modus Blendenpriorität und stellen Sie eine große Blendenöffnung ein – zum Beispiel f/3,5. Fotografieren Sie mit dieser Einstellung und verändern Sie anschließend den Blendenwert. Probieren Sie sukzessive größere Blendenwerte aus, verändern Sie dabei aber weder die Aufnahmeposition, noch die Brennweite oder den Bildausschnitt. Wenn Sie anschließend die Bilder miteinander vergleichen, werden Sie sehr deutlich sehen, welchen Einfluss die Wahl der Blende auf das Foto hat. Während bei großen Blendenöffnungen (kleiner Blendenwert) die Schärfentiefe eines Fotos nur sehr gering ist, bedeutet eine kleine Blendenöffnung (großer Blendenwert) eine hohe Schärfentiefe. Sie können mit der Auswahl der Blende also sehr exakt steuern, ob Sie nur einen kleinen Bildausschnitt scharf abbilden wollen, einen größeren Bildausschnitt, den Sie per Autofokus bestimmen, oder sogar das komplette Motiv.
Wie wird beim Aufnahmeprogramm „Zeitautomatik“ die Belichtungszeit eingestellt?
Der Blendenwert ist nur eine der entscheidenden Einstellungen bei einer Fotografie. Der zweite wichtige Wert ist die Belichtungszeit. Diese gibt vor, wie lange der Zeitraum andauern soll, dass Licht auf den Bildsensor fällt. Dabei ist die Kombination aus Blende und Belichtungszeit entscheidend dafür, wie sich das aufgenommene Foto präsentiert. Großen Blendenöffnungen sorgen nicht nur für eine geringe Schärfentiefe, sondern auch dafür, dass eine Menge Licht auf den Sensor fallen kann. Wer hier zulange Belichtungszeiten einstellt, bekommt schnell überbelichtete Bilder. Im Umkehrschluss bedeutet eine kleine Blendenöffnung, dass nur wenig Licht auf den Sensor fällt. Wer hier zu kurze Belichtungszeiten einstellt, der bekommt unterbelichtete Bilder. Wollen Sie also bei Ihrer Kamera durch die Wahl der Blende Einfluss auf das Foto nehmen, dürfen Sie die Verschlusszeit nicht vernachlässigen – also eine zur Blende und dem Umgebungslicht passende Belichtungszeit einstellen.
Ist die Zeitautomatik ein geeignetes Programm für Einsteiger?
Dieser Zusammenhang zwischen Blende und Verschlusszeit erklärt, warum es ohne fotografisches und technisches Hintergrundwissen kaum möglich ist, im manuellen Modus gelungene Bilder aufzunehmen. Nur wer eine gewisse fotografische Erfahrung hat, eine Blende einstellt und kontrolliert, ob er in der Dämmerung oder bei strahlendem Sonnenschein fotografiert, kann abschätzen, welche Belichtungszeit dazu passen könnte. Und genau wenn Ihnen diese Erfahrung fehlt, oder wenn Sie einfach ohne Verzögerungen durch das Probieren mehrerer Einstellungen gelungene Ergebnisse erzielen wollen, greifen Sie am besten zum Aufnahmeprogramm Blendenpriorität. Dadurch erreichen Sie, dass Sie die Schärfentiefe bei einem Bild durch die Blende vorgeben können, sich aber um eine passende Belichtungszeit keine Gedanken machen müssen.
Für welche Motive ist die Zeitautomatik geeignet?
Ein halbautomatisches Programm wie die Blendenpriorität ist für viele unterschiedliche Aufnahmesituationen geeignet. So zum Beispiel für Porträtaufnahmen, bei denen Sie durch eine geringe Schärfentiefe dafür sorgen wollen, dass das Model vor einem unscharfen Hintergrund abgebildet werden soll. Oder aber für Landschaftsaufnahmen, bei denen Sie durch eine kleine Blendenöffnung dafür sorgen, dass das Motiv vom Vorder- bis zum Hintergrund scharf abgebildet wird. Allerdings stößt solch ein Aufnahmeprogramm auch in vielen Fällen an Grenzen, denn schließlich wählt Ihre Kamera eine passende Belichtungszeit zur Ihrer voreingestellten Blende nur aus technischen Gründen und nicht aus gestalterischen Überlegungen. Problematisch wird es für die Blendenpriorität immer dann, wenn sich Objekte in einem Motiv bewegen. Egal, ob fließendes Wasser, vorbeifahrende Autos oder rennende Sportler: Ihre Kamera richtet sich bei der Auswahl der Belichtungszeit nur nach der Blende und dem Umgebungslicht – nicht aber nach Ihrem Motiv. Und deshalb haben Sie in diesem Modus keinen Einfluss darauf, ob sich bewegende Objekte gestochen scharf oder mit gewollten Bewegungsstreifen fotografiert werden, um deren Dynamik zu verdeutlichen. Sie überlassen es der Kameraautomatik – und so in gewissem Maße dem Zufall!

Viele Porträtaufnahmen weisen typischerweise eine geringe Schärfentiefe aus – hier könnte man also das Programm Blendenpriorität einsetzen
Welche Bedeutung hat die Lichtstärke von Objektiven im Programm „Zeitautomatik“?
Welche Blendenwerte Sie einstellen können, hat im Übrigen nichts mit Ihrer Kamera zu tun, sondern mit dem Objektiv, das Sie angelegt haben. Objektive sind nämlich unterschiedlich lichtstark. Das bedeutet, dass Sie mit einem lichtstarken Objektiv, das leider auch einen entsprechend hohen Preis hat, kleinere Blendenwerte einstellen können, als beispielsweise mit einem Universalzoom. So weisen beispielsweise anspruchsvolle Porträtobjektive Anfangsblenden von f/1,4 während Standardzooms häufig mit f /3,5 auskommen müssen. Diese Unterschiede wirken in Bezug auf die genannten Zahlen zwar möglicherweise gering, sind es aber nicht. Durch diese Angaben zeigt sich nämlich inwieweit Sie mit Ihrem Objektiv eine selektive Unschärfe durch eine große Blendenöffnung realisieren können. Schließlich bedeutet eine größere Blendenöffnung auch gleichzeitig eine geringere Schärfentiefe. Bei mittleren Blendenstufen ist die Schärfentiefe hingegen größer. Zudem haben Sie mit einem lichtstarken Objektiv die Möglichkeit, auch bei schlechten Lichtverhältnissen mit kurzen Belichtungszeiten zu fotografieren, da genügend Licht auf den Sensor fällt.

Durch Drehen des Wahlrads wählt man bei der Nikon 1 die gewünschte Blende aus – die Kamera kombiniert dies mit einer passenden Belichtungszeit
Ist die Zeitautomatik ein empfehlenswertes Aufnahmeprogramm?
Die Blendenpriorität ist ein nützliches Aufnahmeprogramm, um das Zusammenspiel von Blende und Verschlusszeit in der fotografischen Praxis kennenzulernen und nicht durch mühsames Handbuchpauken studieren zu müssen. Für viele Aufnahmesituationen ist das Programm sehr gut geeignet. Wenn allerdings Bewegung ins Motiv kommt, müssen Sie zu Alternativen greifen. Zum Beispiel zur Zeitpriorität, die wir Ihnen in diesem Ratgeber gesondert vorstellen. Wenn Sie mit der Blendenpriorität fotografieren, sollten Sie sich möglichst immer anschauen, welche Belichtungszeit die Kamera zu Ihrer Blende gewählt hat. Fotografieren Sie zudem ausgewählte Motive mit unterschiedlichen Blendenwerten und kontrollieren Sie, welche Auswirkungen die Einstellungen auf die Schärfentiefe und den Bildeindruck ergeben. So lernen Sie während des Fotografierens ganz nebenbei, welche Bedeutungen die einzelnen Einstellungen bei Ihrer Kamera haben und welche Werte für die unterschiedlichsten Motive empfehlenswert sind. Mit der Zeit werden Sie sich dann garantiert sicher genug fühlen, erst gelegentlich und dann regelmäßig ohne Sicherungsnetz zu fotografieren: Blende und Verschlusszeit also im manuellen Modus Ihrer Kamera vorzugeben.
sehr gut !
Hallo, ich habe Deinen Artikel aufmerksam gelesen, woraus sich für mich aber eine Frage ergibt. Ich verwende für die Vogelfotografie eine Nikon d 5300 zusammen mit dem Tamronobjektiv 150-600. Ich habe mal irgendwo gelesen, dass man je nach Motiv und Entfernung mit der Zeitautomatik (A) die Blende vorwählen kann um anschließend in den M-Modus umzuschalten
und die Verschlusszeit selbst bestimmt. Ich habe festgestellt, dass die voreingestellte Blende beim Umschalten in M übernommen wird. Kamera und Objektiv wiegen zusammen mehr als zwei Kilo, da brauche ich eine kurze Verschlusszeit, wenn ich nicht gerade ein Stativ verwende. Macht die geschilderte vorgehensweise Sinn ?
Danke
mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Kirsten