Mit einem Teleobjektiv bilden Sie auch weit entfernte Motive formatfüllend ab. Doch wo beginnt eigentlich die Telebrennweite? Und welche Objektive werden für Systemkameras angeboten? Die Antworten finden Sie in diesem Artikel.
Wer sich eine neue Systemkamera zulegt, greift meistens zu einem Modell mit einem Kitobjektiv. Ebenso wie in der DSLR-Welt hat sich hier ein Zoomobjektiv mit 18-55 mm als Standard durchgesetzt. Sobald man die tolle neue Kamera mit dem Objektiv dann aber das erste Mal ausprobiert, folgt die Ernüchterung. In punkto Zoom kann solch ein Objektiv nicht einmal mit einer billigen Kompaktkamera mithalten! Anstatt sich per Zoom weit entfernte Objekte heranholen zu können, sind die Möglichkeiten des Fotografen mit solch einem Objektiv doch arg begrenzt! Ein neues Modell, das Motive näher heranholen kann, muss her: ein Teleobjektiv.
Was bedeutet „Teleobjektiv“?
Bei der Bezeichnung Teleobjektiv denken viele sicherlich direkt an riesig große Objektivmonster, die man beispielsweise bei Paparazzi und bei Sportfotografen sieht. Tatsächlich aber fängt der Telebereich schon viel früher an. Teleobjektive bieten gegenüber einem Normalobjektiv eine längere Brennweite und dementsprechend einen kleineren Bildwinkel. Als Normalobjektiv bezeichnet man ein Objektiv mit einer Brennweite von 50 mm – bezogen auf das Kleinbildformat. Fotos, die mit dieser Brennweite aufgenommen werden, entsprechen unserem natürlichen Eindruck, den wir mit den Augen wahrnehmen. Folglich befindet man sich oberhalb dieser 50 mm Brennweite bereits im Telebereich. Ab hier rücken Vorder- und Hintergrund auf einem Bild, je länger die Brennweite desto stärker der Effekt, immer enger zusammen. Das Motiv wird verdichtet.
Welche unterschiedlichen Teleobjektive gibt es?
Teleobjektive unterteilt man in mehrere Klassen. Leichte und mittlere Teleobjektive mit Brennweiten von 60 oder 70 mm. Porträtobjektive mit 85 mm oder 100 mm. Standardteleobjektive bieten Brennweiten von 135, 180 oder 200 mm. Ab zirka 300 mm spricht man dann von Superteleobjektiven, die teilweise bis zu 1.200 mm Brennweite anbieten. Die Objektive, die man von Sportfotografen kennt, sind solche sündhaft teuren Supertelemodelle. Teleobjektive gibt es als Modelle mit Zoom und als Festbrennweite. Nicht zur Kategorie Telezoom zählen übrigens die so genannten Reisezooms mit Brennweiten von z.B. 18-200 mm. Zwar bewegen diese sich auch im Telebereich, aber eben nicht nur. Deshalb werden sie als Universalzoomobjektive bezeichnet.
Wofür setzt man Teleobjektive ein?
Doch wofür braucht man eigentlich ein Teleobjektiv? Logischerweise macht der Einsatz immer dann Sinn, wenn der Fotograf ein Motiv im Großformat abbilden will, sich aber nicht näher an sein Motiv heran bewegen kann. Sei es eine Sportveranstaltung, ein wildes Tier, das man ansonsten verscheuchen würde, oder sei es ein spannendes Detail an der Fassade eines Hauses. Nicht näher herangehen zu können oder zu wollen, ist aber gar nicht einmal der entscheidende Grund, warum ein Teleobjektiv zur Standardausstattung eines Fotografen gehört. Interessant ist für Fotografen nämlich vor allem eine entscheidende, typische Eigenschaft eines Teleobjektivs.
Welche Schärfentiefe bieten Teleobjektive?
Teleobjektive zeichnen sich nicht durch die langen Brennweiten aus, sondern auch durch ihre typische, geringe Schärfentiefe. Die sorgt dafür, dass nur vom Fotografen ausgewählte Bildbereiche scharf abgebildet werden. Gibt es auf einem Bild einen vorderen und hinteren Bildbereich, scheint der unscharf abgebildete Hintergrund bei Verwendung eines Teleobjektivs näher an den Vordergrund heranzurücken. Der räumliche Eindruck ist im Vergleich zu einem Standardobjektiv also ein völlig anderer. Diese Technik des scharfen Hauptmotivs vor unscharfem Hintergrund haben Sie schon tausendfach gesehen: bei Porträtaufnahmen! Die geringe Schärfentiefe ist aber nicht nur für Porträts interessant. Der Effekt macht viele interessante Bilder möglich – zum Beispiel wenn man ein Teleobjektiv verwendet, obwohl es von der Entfernung des Motivs her eigentlich gar nicht nötig wäre. Das Freistellen des Objekts und die veränderte Raumwirkung können für spektakuläre Bildkompositionen sorgen. Bedenken Sie beim Fotografieren mit langen Brennweiten jedoch immer, dass Ihre Kamera Ihnen keine zittrigen Hände verzeihen wird. Je länger die Brennweite, desto kleiner der Bildwinkel. Und das bedeutet: Schnell ruiniert man seine Bilder durch Verwackeln – ein Stativ ist also empfehlenswert.
Wie wichtig ist der Cropfaktor beim Objektivkauf?
Sollten Sie sich für den Kauf eines Teleobjektives interessieren, gilt es bei der Vorauswahl der Modelle, die in Frage kommen, eines zu bedenken. So bezieht sich die Brennweitenangabe der Hersteller auf das Kleinbildformat. Um die tatsächliche Brennweite in Kombination mit Ihrer Kamera zu berechnen, gilt es, den so genannten Cropfaktor, auch Formatfaktor genannt, zu berücksichtigen und die Brennweite entsprechend zu berücksichtigen. Ein Beispiel: Wenn die Hersteller ein Objektiv als „leichtes Tele“ mit einer Brennweite von 75–135 mm beschreiben, bezieht sich das auf das Kleinbildformat. Sollten Sie mit einer Kamera mit einem anderen Format – beispielsweise dem verbreiteten APS-C – fotografieren, müssen Sie den sogenannten Cropfaktor (bei Nikon DX ca. 1,5, bei Canon ca. 1,6) zu berücksichtigen. Noch gravierender fällt die Brennweitenverlängerung bei Micro Four Thirds-Bildsensoren aus, die in vielen Systemkameras verwendet werden. Hier müssen Sie die Kleinbildangaben mit dem Faktor 2 multiplizieren. Bei einer Kamera mit einem Micro Four Thirds-Sensor entspricht ein 50-mm-Objektiv mit Normalbrennweite in Wahrheit also einem Teleobjektiv mit 100 mm Brennweite.
Welche Teleobjektive werden für Systemkameras angeboten?
Für spiegellose Systemkameras werden bislang nur eine Handvoll Teleobjektive angeboten. Canon und Nikon beispielsweise bieten für ihre Systemcams (Adapter ausgenommen) keine entsprechenden Modelle an. Besser haben es da Lumix-Fotografen, denn Panasonic bietet mit seinem 45-200 mm Tele ordentlich Spielraum. Rund 300 Euro müssten Sie für einen Kauf einplanen.
Olympus bietet für die PEN-Familie mit dem M.ZUIKO DIGITAL ED 75-300mm 1:4.8-6.7 II (rund 700 Euro) ein ähnliches Modell.
Auch Sony hält für Anwender, die mit der hauseigenen NEX-Reihe fotografieren, ein interessantes Modell bereit. Das SEL55210 E55-210 mm ist extrem kompakt und kostet zudem „nur“ 350 Euro.
Zum identischen Preis bietet auch Samsung sein 50–200 mm F4–5,6 ED OIS III an.
Telezoomobjektive gibt es also schon das ein oder andere im Systemkameramarkt. Festbrennweiten jedoch sucht man vergeblich. Lediglich einige Modelle, die dank Cropfaktor im Telebereich sind (z.B. 60 mm von Sigma für Micro Four Thirds für 199 Euro) stehen zur Auswahl. Wer sich hier mehr Alternativen wünscht, muss also noch Geduld haben, bis die Hersteller ihr Angebot ausgebaut haben.