Wenn der Fotograf nicht zum Motiv kann, muss das Motiv eben zum Fotograf. Bei großen räumlichen Entfernungen sind Superteleobjektive mit ihren langen Brennweiten unverzichtbar. Wir zeigen, was die Schwergewichte zu bieten haben.
Haben Sie sich schon einmal bei einem Fußballbundesligaspiel die Fotografen an der Seitenlinie angeschaut? Bewaffnet mit Einbeinstativen und riesigen Objektiven verfolgen sie das Spiel ganz anders als die gewöhnlichen Zuschauer. Sie lauern auf die perfekten Motive. Das verweigerte Shake-Hands des Stürmers mit dem Trainer nach seiner Auswechslung, das brutale Foul das zur roten Karte führt. Das packende Kopfballduell nach einer Ecke. Das entsetzte Gesicht nach einer vergebenen Großchance, der grenzenlose Jubel nach einem Tor oder die ernüchterten Mienen der Spieler der unterlegenen Mannschaft. All diese Momente gilt es perfekt einzufangen – mit einem kleinen Handycap. Der Fotograf darf seine Position am Spielfeldrand nicht verlassen, nicht näher an das Geschehen herangehen, nicht um das Spielfeld rennen, um eine bessere Sicht zu haben. Anhand dieser Beschreibungen kann man schon erahnen, welch einen Knochenjob Sportfotografen während eines Spiels zu erledigen haben. Ein Job, der ohne professionelle Superteleobjektive nicht zu schaffen wäre. Nur die wenigsten Hobbyfotografen dürften solche XXL-Objektive zu ihrer Ausrüstung zählen, denn deren Anschaffung ist in etwa so kostspielig wie der Kauf eines neuen Kleinwagens. Doch auch wenn die meisten von uns nur im Fotofachgeschäft einmal ein solches Monstrum in den Händen halten dürften, ist es natürlich interessant zu erfahren, was Superteleobjektive auszeichnet und für welche Einsatzgebiete sie verwendet werden.
Wie definieren sich Superteleobjektive?
Starten wir zunächst mit der grauen Theorie. Superteleobjektive sind eine Sonderform der Teleobjektive. Darunter versteht man Objektive, die Brennweiten oberhalb der Normalbrennweite abdecken. Standardteleobjektive bieten Brennweiten von 135, 180 oder 200 mm. Doch damit ist noch längst nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Superteleobjektive beginnen erst bei 300 mm, Spitzenmodelle bieten Festbrennweiten von 1.200 mm. Tele- und Superteleobjektive gibt es in unterschiedlichen Ausführungen, wobei Sie die Wahl haben zwischen Modellen mit Festbrennweite und Zoomobjektiven. Die Definition, ab welcher Brennweite ein Teleobjektiv zum Superteleobjektiv wird, ist übrigens nicht eindeutig geregelt. Canon gibt die Grenze bei den besagten 300 mm an, andere legen 200 mm als Schwellwert fest – auch 400 mm findet man gelegentlich als Beginn des Supertelebereichs. Um einzuschätzen, mit welcher Brennweite man tatsächlich bei solchen Objektiven fotografieren würde, ist bei kleineren Sensorformaten natürlich wie üblich der Cropfaktor zu berücksichtigen.
Wofür sind Superteleobjektive geeignet?
Welche Grenze man auch immer zugrunde legen möchte, die typischen Einsatzgebiete solcher Objektive sind immer dieselben: Weit entfernte Motive sollen sich durch ein solches Objektiv formatfüllend ablichten lassen. Logischerweise macht der Einsatz immer dann Sinn, wenn der Fotograf sich aus den unterschiedlichsten Gründen nicht näher an sein Motiv heranbewegen kann. In erster Linie denkt man dabei vor allem an Sportfotografen, aber auch an Tierfotografen, die ihre Motive in freier Wildbahn ablichten wollen. Denkbar sind aber natürlich noch viele weitere Einsatzgebiete: beispielsweise das Fotografieren von Architekturdetails oder ähnliches.
Was ist typisch für Superteleobjektive?
Wer mit einem Superteleobjektiv zum ersten Mal in Berührung kommt, wird von dem enormen Gewicht überrascht sein. Zwischen drei und sechs Kilogramm bringen diese monströsen Objektive locker auf die Waage, was das Fotografieren aus der Hand zum Leistungssport macht. Tatsächlich sorgt aber nicht nur das hohe Gewicht dafür, dass ein Stativ bei der Benutzung zwingend erforderlich ist. Bei langen Brennweiten von 500 und mehr Millimetern ist der Bildwinkel dermaßen klein, dass selbst kleinste Wackler das Foto schon zerstören würden. Sollten Sie also einmal ein solches Objektiv in der Praxis testen wollen, vergessen Sie nicht, an ein robustes, professionelles Stativ zu denken. Einem 20 Euro-Einsteigerstativ sollten Sie dieses Gewicht aus Eigeninteresse nämlich nicht zumuten. Das eigentliche Fotografieren mit einem Superteleobjektiv unterscheidet sich gar nicht so sehr von dem mit einem Standardobjektiv. Die Geräte bringen in der Regel die Option mit, den Autofokus zu verwenden oder manuell scharf zu stellen. Etwas gewöhnungsbedürftig dürfte hingegen die extrem geringe Schärfentiefe sein, die für lange Brennweiten typisch ist. Ebenfalls auffällig ist die Verdichtung, die diese langen Brennweiten mit sich bringen. Entfernungen zwischen Motiven im Vorder- und Hintergrund lassen sich kaum mehr räumlich abschätzen.
Welche Hersteller bieten Superteleobjektive an?
Wie schon angedeutet, muss man für Superteleobjektive sehr tief in die Tasche greifen. Das Zoomobjektiv „50-500mm F4,5-6,3 DG OS HSM“ von Sigma ist mit rund 2.000 Euro dabei eines der günstigsten Modelle. Bewegt man sich im professionellen Bereich mit extrem langen Brennweiten, steigen die Preise für die Objektive noch einmal rasant. Um beim Beispiel Sigma zu bleiben: das „500mm F4,5 EX DG / HSM“ kostet laut Unverbindlicher Preisempfehlung 6.400 Euro, das „800mm F5,6 EX DG HSM“ gar 7.500 Euro und das Zoomobjektiv „200-500mm F2,8 EX DG“ gar 24.000 Euro. Allesamt keine Objektive also, die man sich mal so nebenbei kauft! Für Einsteiger interessant könnte deshalb vor allem das „SP AF 200-500mm F/5-6,3 Di LD“ von Tamron sein, das im Online-Handel schon für rund 850 Euro zu haben ist. Schon eher ein Preis, bei den so mancher Foto-Enthusiast schwach werden könnte!
Gibt es auch Superteleobjektive für Systemkameras?
Neben Tamron und Sigma haben natürlich auch die beiden führenden Kamerahersteller Nikon und Canon diverse Tele- und Superteleobjektive im Angebot. Preislich sind die Objektive in etwa mit denen von Sigma vergleichbar. Wer mit einer spiegellosen Systemkamera mit extrem langen Brennweiten fotografieren will, hat momentan noch das Nachsehen, denn entsprechende Objektive, die Konnektivität via Adapter einmal außen vor gelassen, finden sich derzeit noch bei keinem der führenden Hersteller. Dass sich dies in absehbarer Zeit ändern könnte, erscheint zweifelhaft, denn spiegellose Systemkameras sind zwar stark im Kommen, richten sich aber vor allem an den Consumer-Markt. Professionelle Sport-, Tier- und Landschaftsfotografen setzen nach wie vor fast ausschließlich auf die Spiegelreflextechnik, weswegen die teuren Spezialobjektive auch nur für diese Modelle entwickelt werden.