Bei Kompaktkameras stellt ein großer Zoombereich für viele Anwender ein wichtiges Qualitätsmerkmal dar. Ganz anders verhält es sich bei System- und Spiegelreflexkameras. Hier beschränken sich viele Objektive auf eine fixe Brennweite – und das hat keineswegs nur Nachteile.
Kompaktes Wunder mit gigantischem 16fach-Zoom. Hightech-Modell mit flexiblem Ultraweitwinkelzoom. Schaut man sich die Werbebroschüren zu aktuellen Kompakt- und Bridgekameras an, bekommt man zwangsläufig den Eindruck, dass ein großes Zoom ein entscheidendes Qualitätsmerkmal ist, das zur Kaufentscheidung beiträgt. Klingt auch einleuchtend, schließlich kann man mit solch einem Objektiv, das vom Weitwinkel bis zum Supertele alles abdeckt, eine weitläufige Landschaft aufnehmen, oder ein Gruppenbild aufnehmen und gleichzeitig auch Details in der Entfernung formaltfüllend ablichten. Ein großer Brennweitenbereich ist gleichbedeutend mit vielen Möglichkeiten! Vor diesem Hintergrund mutet es fast schon ein wenig paradox an, wenn man sich anschaut, dass viele Objektive, die für die vermeintlich deutlich hochwertigeren System- und DSLR-Kameras angeboten werden, keinerlei Brennweitenspielraum mitbringen, sondern auf eine Brennweite festgelegt sind; die so genannten Festbrennweiten. Doch warum sollte man sich freiwillig auf eine Brennweite beschränken, wenn man sich Objektive zulegen kann, die viele unterschiedliche Brennweiten abdecken? Festbrennweitenobjektive sind logischerweise alles andere als fotografische Allrounder, schließlich geben sie dem Fotografen die zu nutzende Brennweite schon zwingend vor. Die Flexibilität, die man bei solch einem Objektiv einbüßt, wird einem durch andere Vorteile aber wieder wettgemacht. Festbrennweiten bieten in der Regel eine sehr hohe Abbildungsqualität und zeichnen sich durch eine gute Lichtstärke aus. Anders als bei Zoomobjektiven müssen die Hersteller bei der Produktion nämlich keine Kompromisse eingehen, um bei allen einstellbaren Brennweiten gute Ergebnisse zu liefern, sondern können sich auf einen Wert konzentrieren. Universalobjektive wie die fest verbauten bei Kompaktkameras und auch die Universalzoomobjektive für Systemkameras bieten zwar ein großes Brennweitenspektrum, doch das hat nicht nur Vorteile. So sind Winkelobjektive eigentlich völlig anders konzipiert als Telezoomobjektive. Universalzooms müssen aber trotzdem alle Bereiche irgendwie unter einen Hut bringen. Festbrennweiten besitzen außer den Fokuselementen keine beweglichen Teile, die die optische Qualität des Objektivs negativ beeinflussen könnten. Das ist der Grund, warum vor allem ambitionierte Fotografen gerne Festbrennweiten einsetzen.
Wie wirkt die Brennweite auf das Bild?
Interessiert man sich für den Kauf eines Festbrennweitenobjektivs, einige Modelle werden wir Ihnen im Laufe des Artikels noch ausführlich vorstellen, gilt es sich zunächst zu vergegenwärtigen, was die angegebene Brennweite auf dem Objektiv überhaupt bedeutet. Als Brennweite bezeichnet man den Abstand zwischen der Linse und der Bildebene, also dem Sensor der Kamera. Die Brennweite wird in Millimetern angegeben. Wichtig für den Fotografen ist der aus der Brennweite resultierende Bildwinkel, der in Grad angegeben wird. Man kann sich den Bildwinkel ganz einfach verdeutlichen, wenn man Daumen und Zeigefinger beider Hände zu einem Quadrat formt und die Umgebung durch dieses Quadrat betrachtet. Je näher der „Rahmen“ ans Auge geführt wird, desto mehr ist von der Umgebung innerhalb des „Rahmens“ zu sehen (Weitwinkel), und je weiter man ihn von den Augen entfernt, desto weniger passt in ihn hinein (Telebereich). So bekommt man mit einer kurzen Brennweite wie etwa 28 Millimeter (Weitwinkel) viel aufs Bild, während man mit beispielsweise einer Brennweite von 200 Millimetern (Tele) einen deutlich kleineren Ausschnitt ablichten kann. Wer sich ein Objektiv mit einer Festbrennweite zulegt, entscheidet sich also schon im Vorfeld, mit welchem Bildwinkel die Fotos aufgenommen werden sollen.

Das Weitwinkelformat ist für Landschaftsaufnahmen typisch – hier hat der Fotograf zudem den perfekten Zeitpunkt fürs Fotografieren getroffen Foto: Jenzig71 / photocase.com
Was bedeutet Brennweitenverlängerung?
Für welche Brennweite man sich beim Kauf entscheidet, hat noch mehr Auswirkungen als nur die Wahl eines bestimmten Bildwinkels – auch fotografisch haben die jeweiligen Brennweiten ihre Besonderheiten in Bezug auf die Abbildungsleistung und die Schärfentiefe. Mit welchem Bildwinkel man tatsächlich fotografiert, erfährt man aber nicht zwangsläufig durch die Brennweitenangabe auf dem Objektiv – diese bezieht sich nämlich in der Regel auf das Kleinbildformat. Bei Kameras mit kleineren Sensoren muss der Bildausschnitt dann noch entsprechend umgerechnet werden. Man spricht hier von der so genannten Brennweitenverlängerung. So entspricht ein Objektiv mit einer Brennweite von beispielsweise 50 mm an einer Kamera mit einem Sensor im APS-C-Format (findet sich bei vielen Canon-DSLRs) etwa einem 80-mm-Objektiv und wird damit bereits zu einem leichten Teleobjektiv. Diese Brennweitenverlängerung wird auch als Cropfaktor bezeichnet. Tatsächlich wird jedoch nicht die Brennweite verlängert – die entspricht immer der Angabe auf dem Objektiv.
Warum sind Festbrennweiten beliebt?
Warum Festbrennweiten bei vielen Fotografen so beliebt sind, hat neben der häufig besseren Abbildungsqualität noch zwei weitere, pragmatische Vorteile. Sie wiegen deutlich weniger als Universalzooms und sind kompakter. Das macht sie zu idealen Begleitern auf Reisen und auf ausgiebigen Fototouren in der City. Zudem sind viele Festbrennweitenobjektive vergleichsweise günstig. Schon für rund 100 Euro kann man entsprechende Modelle finden. Einige der interessantesten Festbrennweitenobjektive wollen wir Ihnen nun am Beispiel von Canon vorstellen. Schaut man sich die Abverkaufszahlen bei Objektiven für SLRs an, ist ein Canon-Objektiv immer ganz vorne dabei: das Canon EF 50mm 1:1.8 II. Wer ein bisschen im Internet stöbert, findet es schon für unter 90 Euro – neu wohlgemerkt, nicht gebraucht! Bei solch einem Preis dürften die wenigsten eine gute Verarbeitungs- und Bildqualität erwarten. Sollten Sie einmal ein solches Exemplar in den Händen halten, wird Ihnen auffallen, dass das Plastikgehäuse tatsächlich nicht den allerbesten Eindruck macht. Doch davon sollte man sich nicht täuschen lassen, denn bei der Aufnahmequalität überrascht das Einsteigerobjektiv. Im Vergleich zum typischen Canon Kitobjektiv (18-55) und den meisten Universalzooms von Canon, Sigma und Tamron ist das Objektiv mit seiner Anfangsblende (f/1,8) enorm lichtstark. Auch bei schlechten Lichtverhältnissen lässt sich so aus der Hand gut fotografieren. Attraktiv ist zudem die Brennweite von 50 mm bezogen auf das Kleinbild, was bei APS-C – Kameras einem leichten Tele von 80 mm entspricht. Diese Brennweite ist ideal für Fotos mit attraktivem Bokeh. Als Bokeh bezeichnet man den unscharfen Hintergrundbereich bei Fotos, auf denen das Hauptmotiv im Vordergrund scharf abgebildet wird. Diese Technik wird zum Beispiel gerne in der Porträtfotografie eingesetzt. Eine 80 mm – Telebrennweite ist hierbei ideal, weil sich dabei das Motiv sehr gut vom Hintergrund abhebt. Je größer die Entfernung zwischen Vorder- und Hintergrund, desto stärker ist der Effekt.

Typisch für professionelle Porträtaufnahme ist der unscharfe Hintergrund. Dies erreicht man am besten mit einer Telebrennweite emoji / photocase.com
Wieso gelten Normalobjektive als Teleobjektive?
Würde man den Cropfaktor bei dem gerade vorgestellten 50 mm – Objektiv außen vorlassen, hätte man mit diesem Modell ein typisches Objektiv mit „Normalbrennweite“ zur Verfügung. Als Normalbrennweite bezeichnet man eine Brennweite, die den natürlichen Sehgewohnheiten am nächsten kommt. Das 50 mm – Objektiv bei einer Vollformatkamera erreicht einen Bildwinkel von 46 Grad. Unser natürliches Blickfeld liegt ebenfalls zwischen 40 und 50 Grad. So wirken Fotos mit solch einem Bildwinkel auf uns natürlich und realistisch, bei Tele- und Weitwinkelbrennweiten kommt es hingegen immer zu perspektivischen Verzerrungen. Bei Telebrennweiten etwa scheinen Entfernungen zwischen Vorder- und Hintergrund geschrumpft zu sein, während bei Weitwinkelbrennweiten Motive im Vordergrund im Vergleich zu solchen im Hintergrund proportional größer erscheinen. Wer also realistische, verzerrungsfreie Fotos aufnehmen will, braucht eine Festbrennweite von 50 mm – für Fotografen mit APS-C oder Nikon DX – Kameras gilt das aufgrund des Cropfaktors nicht – was uns zum zweiten Objektiv führt, das wir Ihnen vorstellen wollen.
Muss ich immer ein Objektiv meines Kameraherstellers kaufen?
Wer mit einer Normalbrennweite von 50 mm fotografieren will, muss bei einer APS-C-Kamera (etwa der Canon EOS 650D) ein Objektiv mit einer kürzeren Brennweite nutzen. In Betracht kommt dabei zum Beispiel das Canon EF 35mm 1:2,0, das umgerechnet eine Brennweite von 56 mm erreicht. Rund 250 Euro kostet das Objektiv im Online-Fachhandel. Nicht zu verwechseln ist dieses Einsteigerobjektiv mit einem anderen, brandneuen Canon-Modell mit einer ähnlichen Typenbezeichnung: dem Canon EF 35mm 1:2 IS USM. Dieses Objektiv verfügt über einen Bildstabilisator und über einen Ultraschallmotor-Autofokus. Dieses High-End-Objektiv kostet im Handel rund 800 Euro. Für alle Canon-APS-C-Fotografen, die eine Normalfestbrennweite suchen, könnte zudem auch das „Sigma 30 mm f1,4 EX DC – für Canon“ für rund 400 Euro interessant sein. Das extrem lichtstarke Objektiv kommt mit einer umgerechneten Brennweite von 48 mm der Normalbrennweite am nächsten.

Nicht einmal 100 Euro kostet dieses 50 mm – Objektiv und zählt damit zu den beliebtesten Festbrennweiten überhaupt Foto: Canon
Wo findet man sehr häufig Festbrennweitenobjektive?
Die Normalbrennweite und eine leichte Telebrennweite wären jeweils mit einem günstigen Festbrennweitobjektiv jetzt abgedeckt. Fehlt jetzt nur noch eine Weitwinkellösung. Und hier ist die Auswahl riesig, denn die Weitwinkelbrennweite ist quasi das Steckenpferd der Festbrennweiten. 14 mm, 17 mm, 24 mm, 28 mm. Das Angebot, das alleine Canon in diesem Bereich bereithält, ist riesig, Weitwinkelobjektive sind von Haus aus schon sehr schmal und kompakt. Festbrennweitenobjektive sind dabei teilweise kaum dicker als ein Zentimeter – diese schmalen Geräte werden auch gerne als Pancakes bezeichnet, weil sie rein optisch etwas an die amerikanische Abwandlung des deutschen Pfannkuchens erinnern. Wer also ein leichtes platzsparendes Objektiv will, ist bei einer Weitwinkelfestbrennweite genau richtig.
Für wen sind Festbrennweitenobjektive empfehlenswert?
Bei allen Brennweiten gibt es natürlich noch viele andere Festbrennweiten, die am Markt erhältlich sind. Das gilt ebenfalls für Nikon-Objektive und für alle weiteren führenden Hersteller. Die Preisunterschiede bei identischer Brennweite sind dabei enorm. Was aber auch für die Qualitätsunterschiede zwischen den Objektiven gilt. Insbesondere für lichtstarke Objektive mit einem Wert wie f/1,4 muss man häufig vierstellige Kaufpreise einrechnen, weshalb sich diese Kameraklasse vor allem an Profifotografen richtet. Die Einstiegsobjektive unter den Festbrennweiten hingegen bieten eine gute Möglichkeit, für wenig Geld Geräte mit einer guten Abbildungsleistung zu erwerben. Wenn es um die Grundsatzfrage geht, ob man mit einem Zoomobjektiv oder einer Festbrennweite fotografieren sollte, verweisen erfahrene Fotografen immer gerne auf eine Auswirkung, die Festbrennweiten mit sich bringen: der Fotograf muss sich mit der Kamera bewegen und kann nicht einfach das Zoom betätigen, wenn er auf Motivsuche geht. Das hört sich vielleicht zunächst etwas umständlich und unpraktisch an, führt jedoch auch dazu, dass er sich zwangsläufig intensiver mit seiner Umgebung und deren motivtechnischen Möglichkeiten beschäftigen muss. Eine Erfahrung, die sicherlich nicht schaden kann!