Um das Thema Autofokus machen sich viele Fotografen keine Gedanken. Die Kamera stellt automatisch scharf – fertig! Doch etwas mehr Hintergrundwissen kann keineswegs schaden, denn nur wer weiß, wie er den Autofokus nutzen und die Messemethode umstellen kann, nutzt das volle Potenzial seiner Kamera. Wer als Umsteiger von Kompaktkameras erstmals mit einer Spiegelreflex- oder mit einer Systemkamera fotografiert, wird sich damit, wie der Autofokus einer Kamera funktioniert, wohl eher noch nicht beschäftigt haben. Die meisten Anwender mit Kompaktkameras verlassen sich schließlich voll und ganz auf die Kameraautomatik. Motiv anvisieren, Auslöser durchdrücken, fertig! So kann man es zweifellos auch mit einer Kamera mit Wechselobjektiv handhaben – allerdings würde man dann eine Menge kreative Möglichkeiten leichtfertig verschenken.
Was bedeutet Kontrastmessung?
Bevor wir uns der Frage nähern, wie man den Autofokus einer Kamera gezielt nutzt und wie man zwischen unterschiedlichen Einstellungen wechseln kann, gilt es zu klären, wie eine Kamera überhaupt scharf stellt. Spiegellose Systemkameras und Kompaktkameras arbeiten beim automatischen Fokussieren mit der sogenannten Kontrastmessung. Dabei wird die gesamte Sensorfläche nach Kontrasten untersucht. Auf den größten Kontrast wird dann scharfgestellt. Die Kontrastmessung arbeitet naturgemäß langsamer als der Phasen-Autofokus, der bei digitalen Spiegelreflexkameras zum Einsatz kommt. Damit solch eine Kontrastmessung funktioniert, muss die Kamera natürlich auch entsprechende Kontraste finden können. Das ist bei Tageslicht kein Problem, kann aber schon bei Aufnahmen in der Dämmerung knifflig werden. Wenn die Kontraste dann nicht für ein Scharfstellen ausreichen, warnen Systemkameras ihre Anwender mit roten Hinweisen auf dem LCD-Monitor. Für solche Fälle lässt sich bei fast allen Modellen das AF-Hilfslicht hinzuschalten. Wenn dies nicht in der Standardeinstellung aktiviert ist, muss man dies über das Menü separat einschalten. Das Hilfslicht, das auch viele Kompaktkameras mitbringen, funktioniert unabhängig vom Blitzlicht und hellt das Motiv auf, damit die Kontrastmessung erfolgreich durchgeführt und ein scharfes Bild erstellt werden kann.
Wie stellt man scharf?
Bei spiegellosen Systemkameras stellen Sie auf ein Motiv scharf, indem Sie den Auslöser halb durchdrücken. Einige Modelle bieten zudem das Scharfstellen über einen Touchscreen an, bei dem Sie einfach auf die gewünschte Stelle im Bild tippen. Viele Fotografieren nutzen dieses „Vorscharfstellen“ jedoch gar nicht und drücken den Auslöser direkt komplett durch. Grundsätzlich entsteht dadurch für das Bild kein Nachteil – allerdings vergibt man so die Chance, die Scharfstellung zu kontrollieren und falls nötig zu korrigieren. Nötig wäre dies aber beispielsweise, um mit selektiver Unschärfe zu fotografieren – beispielsweise um Porträtaufnahmen vor unscharfem Hintergrund zu erstellen. Gleiches gilt natürlich für alle weiteren Aufnahmen, bei denen durch eine geringe Schärfentiefe der Blick des Betrachters direkt auf ein bestimmtes Motiv gelenkt werden soll. Unnötig ist diese manuelle Schärfensetzung jedoch, wenn Sie eh mit großer Schärfentiefe fotografieren wollen – beispielsweise wenn Sie Landschaftsfotos erstellen wollen, die meist vom Vorder- bis zum Hintergrund scharf abgebildet werden sollen.

Bei der Panasonic Lumix GH3 stellen Sie durch einfaches Antippen auf den Touchscreen auf ein Objekt scharf
Was bedeutet „Schärfe speichern“?
Für Ein- und Umsteiger stellt sich natürlich die Frage, wie man überhaupt bewusst auf ein bestimmtes Objekt im Motiv scharf stellen kann, das beispielsweise am Bildrand zu sehen ist. Genau hierfür brauchen Sie die Möglichkeit, schon vor der Aufnahme die Kamera scharf zu stellen. In diesem Fall nämlich visieren Sie zunächst das Objekt an, das später am Bildrand zu sehen ist. Dann stellen Sie durch das halbe Durchdrücken des Auslösers scharf, schwenken die Kamera, bis Sie den eigentlich gewünschten Bildausschnitt eingestellt haben und lösen dann aus. Durch solch eine Schärfespeicherung können Sie quasi auf jeden beliebigen Punkt scharf stellen. Beachten Sie, dass diese selektive Schärfe immer nur dann funktioniert, wenn Sie mit einer möglichst offenen Blende (kleiner Blendenwert) fotografieren. Je geschlossener die Blende, desto größer die Schärfentiefe!
Zwischen welchen Autofokus-Messmethoden kann man wählen?
Das Thema Autofokus ist aber auch deshalb für ambitionierte Fotografen von so hoher Bedeutung, weil Systemkameras unterschiedliche Einstellmöglichkeiten bieten, die in speziellen Aufnahmesituationen zum Einsatz kommen. Standard ist zum Beispiel bei der Panasonic Lumix GH 3 der Modus AF-F. Das steht für „Autofokus Flexible“. Modelle wie die Nikon 1 verwenden in der Grundeinstellung die Funktion „Automatische Messfeldsteuerung“. Mit diesen Voreinstellungen sind Sie für viele Aufnahmesituationen gewappnet – aber eben nicht für alle. Die zuvor beschriebene Scharfstellung auf einen bestimmten Bildbereich geht nämlich noch eleganter. Bei der Nikon 1 etwa stellen Sie die AF-Messung der Kamera dafür einfach auf „Einzelfeld“. Mit den Richtungstasten können Sie den Ausschnitt, auf den scharf gestellt werden soll, dann ganz einfach auswählen. Nur diesen Bildbereich berücksichtigt die Kamera dann für die Schärfemessung.
Welche Autofokus-Einstellung ist für welches Motiv sinnvoll?
Alle Systemkameras bieten neben der automatischen Messfeldsteuerung auch eine Option „Motivverfolgung“ oder „AF-C“ an – die Abkürzung steht in diesem Fall für Autofokus Continous“. Diese Einstellung sollten Sie auswählen, wenn Sie schon vor der Aufnahme wissen, dass sich das Objekt, das Sie fotografieren wollen, bewegen wird. Mögliche Einsatzgebiete wären also beispielsweise rennende Kinder, Sportveranstaltungen oder fahrende Autos. Ist die Autofokusmessmethode aktiviert, korrigiert die Kamera, während Sie den Auslöser halb durchgedrückt haben, permanent automatisch die Schärfeführung und stellt auf das ausgewählte Objekt immer wieder neu scharf. Das Gegenstück zu dieser Einstellung ist „AF-S“ – Autofokus Single. Hier ist die Schärfesetzung durch das halbe Durchdrücken des Auslösers endgültig – diese Option ist also nur für Motive geeignet, bei denen sich nichts bewegt. Das bereits angesprochene „Autofokus Flexible“ ist eine Mischform, die bei allen Motivsituationen gute Ergebnisse liefern soll und deshalb falls nötig die Schärfe korrigiert.

Bei der Einstellung Einzelfeld wird nur ein einziger Bildbereich (kleines Rechteck) für die Schärfemessung analysiert
Kann man automatisch auf Gesichter scharfstellen?
Viele Systemkameras bieten neben den klassischen Autofokusmessmethoden auch noch weitere Optionen mit. Übernommen aus dem Kompaktkamerabereich wurde beispielsweise die automatische Gesichtserkennung. Fotografiert der Anwender in einem Automatikmodus und es erscheint eine Person im Bild, wird automatisch auf das Gesicht scharf gestellt. In der Regel dürfte dies schließlich der Bildbereich sein, der für das Foto von entscheidender Bedeutung ist. Wollen Sie hingegen zum Beispiel ein Gesicht im Profil unscharf vor scharfem Hintergrund abbilden – zum Beispiel für ein verträumtes Bild vor einem Sonnenuntergang, müssen Sie die Kameraautomatik zwangsläufig deaktivieren und einen manuellen oder halbautomatischen Modus wählen.