Systemkameras unterstützen Ein- und Umsteiger mit zahlreichen Motivprogrammen, die für typische Aufnahmesituationen die optimalen Kameraeinstellungen vorgeben. Wenn es noch schneller gehen soll, greift man zur Automatik. Wir zeigen in diesem Artikel Stärken und Schwächen dieses Programms.
Wer bislang nur mit einer Kompaktkamera fotografiert hat, steht zunächst einmal vor einem großen Rätsel, wenn er seine neue Systemkamera oder DSLR vor sich hat. Beschränkt sich bei einer Kompakten die Auswahl meist auf einen Automatikmodus und eine Motivvorwahl, bieten Kameras mit Wechselobjektiven völlig neue, ungewohnte Möglichkeiten. Blendenvorwahl, Zeitvorwahl und ein komplett manueller Modus. Viele experimentieren mit diesen Einstellungen zunächst einmal und stellen schnell fest, dass es ohne etwas Übung und Erfahrung gar nicht so leicht ist, in diesen Modi vernünftige Bilder zu machen. Und so beschränkt sich ein Großteil der Neueinsteiger zunächst einmal darauf der Kameraautomatik die nötigen Einstellungen zu überlassen, damit man sich über scharfe, gelungene Bilder freuen kann.

Auch DSLRs bringen grundsätzlich eine Vollautomatik mit. Canon kennzeichnet diese bei dieser Eos 600D mit einem „A+“ Foto: Canon
Wie stellt man die Vollautomatik ein?
Eine Kameraautomatik, auch Vollautomatik genannt, bringt jede Systemkamera und DSLR mit. Bei vielen Kameras finden Sie auf dem Programmwahlrad die Einstellung „Auto“, mit der Sie die Vollautomatik einstellen. Bei Canon-DSLRs hingegen finden Sie diese Funktion unter einem grünen Rechteck oder unter dem Begriff „A“ – was etwas verwirrend ist, weil viele Hersteller wie Nikon und Panasonic mit „A“ den Modus „Blendenpriorität“ bezeichnen. Sollten Sie sich zum Beispiel eine Lumix-G Systemkamera angeschafft haben, werden Sie am Programmwahlrad die Vollautomatik überhaupt nicht finden, da Panasonic diese separat an der Kamera untergebracht hat. Hier wird der Modus mit dem Drücken auf die Taste „iA“ (intelligente Automatik) aktiviert. Doch egal, wie der Hersteller Ihrer Kamera die Funktion auch nennt und wo er sie untergebracht hat – die Funktionsweise der Vollautomatik ist immer dieselbe.

Bei der Panasonic Lumix G5 versteckt sich die Vollautomatik hinter dem separaten Knopf „iA“ Foto: Panasonic
Was kann die Vollautomatik?
In der Vollautomatik werden Ihnen sämtliche wichtigen Kameraeinstellungen abgenommen. Die Kamera wählt je nach Motiv die optimale Autofokusmessmethode, die Lichtempfindlichkeit des Sensors und – was noch viel wichtiger ist – Verschlusszeit und Blendenwert. Auch der interne Kamerablitz wird bei Bedarf automatisch hinzu geschaltet. Durch diese automatischen Einstellungen müssen Sie lediglich über den Sucher beziehungsweise das Kameradisplay das Motiv auswählen und am Objektiv die gewünschte Brennweite einstellen. Die Kamera sorgt dann dafür, dass Sie eine möglichst gestochen scharfe Aufnahme erhalten.
Was kann die Vollautomatik nicht?
Von erfahrenen Fotografen wird die Vollautomatik nur in absoluten Ausnahmefällen verwendet. Der Grund dafür ist, dass Sie mit der Auswahl von Blendenwert und Verschlusszeit zwei Werkzeuge aus der der Hand geben und an die Kamera übertragen, die für die kreative Fotografie von entscheidender Bedeutung sind. So können Sie beispielsweise mit dem Wert der Blende bestimmen, wie viel Licht auf den Sensor fallen soll. Damit bestimmen Sie beispielsweise, ob Sie ein Foto mit hoher (großer Blendenwert) oder niedriger Schärfentiefe (kleiner Blendenwert) bevorzugen. Die Kamera kann schließlich nicht wissen, ob Sie bei einem Porträt den Hintergrund unscharf oder bewusst scharf abbilden wollen. Auch die Wahl der Verschlusszeit ist ein wichtiges Werkzeug. Sie bestimmt zum Beispiel darüber, ob sich bewegende Personen gestochen scharf (kurze Verschlusszeit) oder mit etwas Bewegungsunschärfe (längere Verschlusszeit) dargestellt werden sollen, was für dynamischere Fotos sorgt. In der Vollautomatik haben Sie auf solche Kameraeinstellungen keinerlei Einfluss. Dieser Modus ist also für die kreative Fotografie nicht geeignet und sollte nur ausgewählt werden, wenn man sich mit halbautomatischen Programmen noch nicht sicher genug fühlt, oder man ohne große Vorbereitungen Schnappschüsse erstellen möchte.

In der Vollautomatik haben Sie nur begrenzt Einfluss auf die Schärfentiefe. Deshalb ist sie für Porträts mit unscharfem Hintergrund nicht ideal
Kann man auch in der Vollautomatik kreativ fotografieren?
Bildbereiche bewusst unscharf darzustellen ist das Privileg von Fotografen, die hochwertige DSLRs, System- oder Bridgekameras einsetzen. Kompaktkameras bieten diese Funktion nämlich in der Regel nicht. Allerdings nutzen diese Möglichkeit trotzdem viele Einsteiger und Umsteiger nicht, da Sie vor dem Fotografieren mit anspruchsvolleren Aufnahmeprogrammen noch zurückschrecken. Sie greifen also fast ausschließlich zur Vollautomatik. Auch dieser Modus kann aber sehr wohl für kreative Fotos genutzt werden – zumindest mit Einschränkungen. Um kreativ zu fotografieren, machen Sie sich zunutze, dass Sie auch im automatischen Modus manuell bestimmen können, auf welchem Bildbereich der Autofokus liegen soll. Wollen Sie beispielsweise eine Bildebene bewusst scharf und eine andere unscharf stellen, visieren Sie im Sucher oder über das Display ein Objekt in der entsprechenden Entfernung an und drücken Sie den Auslöser halb durch und stellen Sie die Kamera damit scharf. Erst dann schwenken Sie zu Ihrem eigentlichen Motiv. Die Kamera nutzt jetzt für das neue Motiv die gespeicherte Blenden und Verschlusskombination – also auch die entsprechende Schärfentiefe. Durch diesen kleinen Trick können Sie – zumindest mit Einschränkungen – auch in der Vollautomatik ohne manuelle Einstellungen kreativ fotografieren. Bei einigen Systemkameras und DSLRs können Sie über den Touchscreen des Displays den Schärfebereich mit einen kurzen Antippen auswählen. Ansonsten können Sie diesen Trick identisch anwenden.
Wofür sollte man die Vollautomatik einsetzen?
Die Vollautomatik als nutzlos zu verteufeln, wäre sicherlich eine etwas übertriebene Einschätzung. Nicht nur für Einsteiger stellt sie eine Möglichkeit dar, schnell zu guten Bildergebnissen zu kommen. Das kann zum Beispiel dann entscheidend sein, wenn sich unverhofft ein interessantes Motiv auftut, bei dem aber keine Zeit dafür ist, sich lange mit der Auswahl von Verschlusszeit und Blendenwert aufzuhalten. Auch in vielen typischen Aufnahmesituationen lässt sich die Kameraautomatik durchaus brauchbar einsetzen. Ein typisches Beispiel hierfür ist das Fotografieren von Landschaften, bei denen eine große Schärfentiefe gewünscht ist. Hier nutzen auch erfahrene Fotografen auch gerne einmal den Automatikmodus, denn auch mit manuellen Einstelllungen würde sich keine nennenswerte Verbesserung geben. Sollten Sie mit Ihrer Kamera noch nicht vertraut sein, oder es muss schnell gehen, können Sie also mit gutem Gewissen zur Vollautomatik greifen. Allerdings sollten Sie sich immer dessen bewusst sein, dass Sie in diesem Modus nur einen Bruchteil dessen nutzen, was Ihre Systemkamera oder DSLR zu bieten hat. Wollen Sie die kreative Fotografie für sich entdecken, werden Sie die halbautomatischen und manuellen Aufnahmeprogramme für sich entdecken müssen. Aber keine Sorge, auch ohne technisches Vorwissen ist dies keinesfalls eine unüberwindbare Hürde.
Einstiegsbild: Panasonic